Stichwahlen in Niedersachsen: Interview mit Dr. Björn Benken

Dr. Björn Benken ist aktiv bei der "Aktion Wahlreform", die den Aufruf von Mehr Demokratie gegen die Abschaffung der Stichwahl in Niedersachsen unterstützt. Wir sprachen mit ihm über dieses Thema.

Warum unterstützt die Aktion Wahlreform den Aufruf von Mehr Demokratie?

Weil dieser Aufruf gut und wichtig ist! Wenn die Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen abgeschafft wird, bedeutet das einen Abbau demokratischer Mitwirkungsrechte. Wenn es nur noch einen einzigen Wahlgang gibt, kann es passieren, dass die gewählte Person von einer großen Mehrheit der Wähler abgelehnt wird. Es ist beschämend, dass CDU und FDP allein aus Machtkalkül die Stichwahlen in Niedersachsen abschaffen wollen. Man sollte es ihnen nicht zu leicht machen, mit dieser Provokation durchzukommen. Deshalb bin ich sehr froh, dass ein mitgliederstarker Verband wie Mehr Demokratie sich des Themas angenommen hat. Hoffentlich können wir bis November noch viele Menschen wachrütteln.

 

Ihr fordert auf eurer neuen Seite stichwahlen.de die Einführung der integrierten Stichwahl. Was hat es damit auf sich?

"Integrierte Stichwahl" bedeutet, dass die Stichwahl zusammen mit dem Hauptwahlgang stattfindet. Die Wähler können auf ein und demselben Stimmzettel ihre Stimme für den Hauptwahlgang und ihre Stimme für den Fall einer Stichwahl abgeben. Dies kann z.B. mittels Ziffern geschehen. Wenn keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht und eine Stichwahl stattfindet, müssen die Bürger nicht noch mal extra an die Wahlurne gehen, sondern die Stimmzettel müssen lediglich ein zweites Mal ausgezählt werden.

Das Pikante ist, dass die Integrierte Stichwahl all das erfüllen würde, was die CDU - zumindest offiziell - als Grund für die Abschaffung der Stichwahlen ins Feld führt. Sie hat behauptet, dass die Stichwahlen die Gemeindekassen zu stark belasten würden und dass die niedrige Wahlbeteiligung bei Stichwahlen problematisch sei. Beide Probleme tauchen bei der Integrierten Stichwahl aber definitiv nicht auf. Darum ist dieses Modell in unseren Augen die ideale Lösung. Wenn man sich nur auf die Frage "Stichwahl ja oder nein?" fixiert, kann das Thema schnell zum machtpolitischen Spielball werden. Das sieht man in Thüringen und NRW, wo die CDU die Stichwahlen ebenfalls abgeschafft hatte, bis die neuen Regierungen kamen und umgehend für eine Wiedereinführung der Stichwahlen sorgten.

 

Warum habt ihr diesen Begriff gewählt und nicht den der Präferenzwahl?

Das Gute an dem Begriff "Integrierte Stichwahl" ist, dass er selbsterklärend ist. Man versteht auf Anhieb, was gemeint ist. Wenn man von der Präferenzwahl spricht, sieht man doch förmlich die Fragezeichen in den Augen der Gesprächspartner. Ich finde, man sollte so schwierige und trockene Themen wie das Wahlrecht so einfach wie möglich erklären. Wer neugierig ist und es genauer wissen will, wird noch früh genug auf die entsprechenden Fachbegriffe stoßen.

 

Im zweiten Teil des Interviews erklärt Björn Benken, was es mit der "Aktion Wahlreform" auf sich hat.