Landesverfassung Bremen (Auszug)

Stand: 13.09.2013

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2. Abschnitt

Volksentscheid, Landtag und Landesregierung I. Der Volksentscheid

Artikel 69

Beim Volksentscheid ist stimmberechtigt, wer zur Bürgerschaft wahlberechtigt ist.

Die Abstimmung ist allgemein, gleich, unmittelbar, frei und geheim; sie kann nur bejahend oder verneinend lauten.

Der Abstimmungstag muß ein Sonntag oder gesetzlicher Feiertag sein.

 

Artikel 70

(1) Der Volksentscheid findet statt:

a) wenn die Bürgerschaft mit der Mehrheit ihrer Mitglieder eine Verfassungsänderung dem Volksentscheid unterbreitet;

b) wenn die Bürgerschaft eine andere zu ihrer Zuständigkeit gehörende Frage dem Volksentscheid unterbreitet;

c) wenn ein Fünftel der Stimmberechtigten die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode verlangt;

d) wenn ein Zwanzigstel der Stimmberechtigten das Begehren auf Beschlußfassung über einen Gesetzentwurf stellt. Soll die Verfassung geändert werden, muß ein Zehntel der Stimmberechtigten das Begehren unterstützen. Der Gesetzentwurf ist vom Senat unter Darlegung seiner Stellungnahme der Bürgerschaft zu unterbreiten. Der Volksentscheid findet nicht statt, wenn der begehrte Gesetzentwurf in der Bürgerschaft unverändert angenommen worden ist oder wenn die Vertrauenspersonen keinen Antrag auf Durchführung des Volksentscheids gestellt haben. Wird der begehrte Gesetzentwurf in veränderter, jedoch dem Anliegen des Volksbegehrens nicht widersprechender Weise angenommen, so stellt die Bürgerschaft auf Antrag der Vertrauenspersonen die Erledigung des Volksbegehrens fest. Ist das Gesetz durch Volksentscheid abgelehnt, so ist ein erneutes Volksbegehren auf Vorlegung desselben Gesetzentwurfes erst zulässig, nachdem inzwischen die Bürgerschaft neu gewählt ist.

(2) Ein Volksentscheid ist außerdem im Fall des Artikels 42 Absatz 4 über ein von der Bürgerschaft beschlossenes Gesetz durchzuführen, wenn

a) die Bürgerschaft das Gesetz mit weniger als zwei Dritteln ihrer Mitglieder beschlossen hat,

b) ein Viertel der Mitglieder der Bürgerschaft die Durchführung eines Volksentscheids beantragt oder

c) ein Zwanzigstel der Stimmberechtigten die Durchführung eines Volksentscheides begehrt.

In diesen Fällen tritt das Gesetz nur bei einem zustimmenden Volksentscheid in Kraft.

(3) Ein Volksentscheid nach Absatz 1 über den laufenden Haushaltsplan, über Bezüge oder Entgelte öffentlich Bediensteter oder vergleichbarer Personen und über Steuern, Abgaben, Beiträge und Gebühren sowie über Einzelheiten solcher Gesetzesvorlagen ist unzulässig. Finanzwirksame Volksentscheide mit Wirkung für zukünftige Haushaltspläne sind zulässig, soweit diese die Struktur eines zukünftigen Haushalts nicht wesentlich verändern, den verfassungsrechtlichen Regelungen des Haushaltsrechts, welchen auch die Bürgerschaft für die Aufstellung des Haushaltsplans unterliegt, entsprechen und zur Gegenfinanzierung keine Haushaltspositionen herangezogen werden, die gesetzlich, vertraglich oder auf andere Weise rechtlich gebunden sind.

 

Artikel 71

(1) Soll durch Volksentscheid ein Gesetz erlassen, abgeändert oder aufgehoben werden, so hat der Beschluß über die Herbeiführung eines Volksentscheides oder das Volksbegehren gleichzeitig einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf mit Begründung zu enthalten.

(2) Finanzwirksame Volksentscheide mit Wirkung für zukünftige Haushalte haben einen Finanzierungsvorschlag zu enthalten. Diese Gegenfinanzierung ist in Anlehnung an die allgemeinen Regelungen des Haushaltsrechts darzustellen und dem Gesetzentwurf beizufügen.

 

Artikel 72

(1) Ein Gesetzentwurf oder eine andere Vorlage nach Artikel 70 ist durch Volksentscheid angenommen, wenn die Mehrheit derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, jedoch mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten, zugestimmt hat.

(2) Bei Verfassungsänderungen aufgrund eines Volksbegehrens müssen zwei Fünftel der Stimmberechtigten für das Volksbegehren stimmen.

 

Artikel 73

(1) Der Senat hat die durch Volksentscheid beschlossenen Gesetze innerhalb von zwei Wochen nach Feststellung des Abstimmungsergebnisses auszufertigen und im Bremischen Gesetzblatt zu verkünden.

(2) Ein durch Volksentscheid beschlossenes Gesetz kann während einer laufenden Wahlperiode innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten nur geändert oder aufgehoben werden

1. durch einen Volksentscheid nach Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b oder d,

2. durch die Bürgerschaft mit verfassungsändernder Mehrheit.

 

Artikel 74

Das Verfahren beim Volksentscheid regelt ein besonderes Gesetz.

(...)

 

Artikel 42, Absatz 4 (Volksentscheid bei Privatisierungen)

Eine Veräußerung von Unternehmen der Freien Hansestadt Bremen, auf die die öffentliche Hand aufgrund Eigentum, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann und die

a) Verkehrsleistungen oder Leistungen der Abfall- oder Abwasserentsorgung oder der Energie- oder Wasserversorgung für die Allgemeinheit erbringen,

b) wesentliche Beiträge zur wirtschaftlichen, verkehrlichen oder kulturellen Infrastruktur leisten,

c) geeignet sind, die Verwirklichung des Anspruchs aus Artikel 14 Absatz 1 zu fördern oder

d) der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern dienen,

ist nur aufgrund eines Gesetzes möglich. Ein solches Gesetz tritt nicht vor Ablauf von drei Monaten nach seiner Verkündung in Kraft. Als Veräußerung gilt jedes Rechtsgeschäft, welches den beherrschenden Einfluss der Freien Hansestadt Bremen oder der Stadtgemeinde Bremen beseitigt. Auf kleine Kapitalgesellschaften und auf Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute findet diese Vorschrift keine Anwendung. Gleiches gilt, wenn die Veräußerung bei Entstehen der Beherrschung beabsichtigt war und zeitnah erfolgt.

 

Artikel 87 (Bürgerantrag)

(1) Anträge auf Beratung und Beschlußfassung über einen Gegenstand können, sofern sie nicht vom Senat ausgehen, nur aus der Mitte der Bürgerschaft oder von Bürgern gestellt werden.

(2) Bürgeranträge müssen von mindestens 5.000 Einwohnern unterzeichnet sein, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Nach Maßgabe eines Gesetzes kann an die Stelle der Unterzeichnung die Unterstützung im Wege elektronischer Kommunikation treten.Anträge zum Haushalt, zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben und Personalentscheidungen sind nicht zulässig. Das Nähere regelt ein Gesetz.

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