Das Bremer Wahlrecht - Fragen und Antworten

Sind die Wähler mit fünf Stimmen überfordert?

Nein. Bei Kommunalwahlen z.B. in Niedersachsen kann man mit drei Stimmen kumulieren und panaschieren. Das klappt prima. Wir schlagen fünf Kreuze pro Wahlzettel vor, weil damit der Wählerwille noch genauer ausgedrückt werden kann. Bis fünf zählen kann jeder! In München hat man bis zu 80 und in Frankfurt sogar bis zu 93 Stimmen. Selbst dort gibt es kaum Probleme.

Wie groß wird der Stimmzettel?

In Bremen gibt es ein Stimmzettelheft im Format DIN A 4. Natürlich wird der Stimmzettel größer, weil er mehr Informationen enthält, und weil wir einzelne Kandidaten ankreuzen können. Wichtig ist: wir haben mehr Auswahl. Auf dem Stimmzettel stehen neben Namen, Beruf und Geburtsjahr auch der Stadt- oder Ortsteil der Hauptwohnung der Kandidaten. In vielen Städten Deutschland gibt es mittlerweile große Stimmzettel, und die Wählerinnen und Wähler kommen damit zurecht. Auch das Stimmzettelheft hat sich bei der Wahl 2011 bewährt.

Ist das nicht viel zu teuer?

Der Landeswahlleiter rechnet damit, dass statt einer zweieinhalb Millionen Euro Kosten entstehen werden. Natürlich ist das viel Geld, hält sich aber in Rahmen im Vergleich zu anderen Ausgaben. Demokratische Beteiligung kostet eben auch Geld. Wenn wir aber anfangen, Geld gegen Demokratie auszuspielen, dann würden viele andere Dinge zur Diskussion stehen. Das ist nicht sinnvoll. Wichtig ist, dass die Aufgabe effizient erledigt wird.

Wann können wir mit einem Wahlergebnis rechnen?

Um 18 Uhr gab es die erste Prognose. Diese spiegelte ziemlich genau das Ergbnis wider. Das amtliche Endergebnis wurde am Donnerstag veröffentlicht, da wesentlich mehr Kreuze ausgezählt werden mussten. Das ist vor allem für die Kandidaten und Medien eine Geduldsprobe, da sie es gewöhnt sind, die Ergebnisse schnell zu erhalten und zu kommentieren. Die Wählerinnen und Wähler sind da duldsamer. Auf jeden Fall wird das Auszählen spannender, da sich bis zuletzt die Reihenfolge der Kandidaten noch ändern kann.

Wie werden eigentlich die Sitze verteilt?

Im ersten Schritt werden alle Stimmen für die Listen gezählt (Listen- und Personenstimmen). Sagen wir eine Liste X hat Anspruch auf 20 Sitze. Im zweiten Schritt wird gezählt, wieviele Listen- und wieviele Personenstimmen die Liste erhalten hat. In unserem Beispiel nehmen wir an, 60 Prozent der Stimmen fallen auf die Liste und 40 Prozent der Stimmen fallen auf Personen. Entsprechend ziehen 60 Prozent der Kandidaten über die Liste ein (= 12 Sitze) und 40 Prozent über die Personenstimmen (= 8 Sitze). Die Liste X besetzt dann die 20 Sitze mit den zwölf ersten Listenplätzen, die restlichen acht Sitze werden den Kandidaten entsprechend ihrer Stimmen zugewiesen.

Sind nicht Programme wichtiger als Personen?

Ob und wie Wahlprogramme umgesetzt werden, hängt von Personen ab. Deshalb müssen wir die Menschen auswählen können, denen wir vertrauen. Die einzelnen Wahlprogramme der Parteien werden weiterhin wichtig sein um Politikinhalte zu vermitteln. Allerdings werden innerparteiliche Konflikte in den Parteiprogrammen nicht offen ausgetragen. Die Personenwahl hat also den Vorteil, dass die Bürger ihre Meinung klarer äußern können, indem sie einzelne Kandidaten und deren Positionen wählen.

Wie kann ich sinnvoll wählen, wenn ich die Kandidaten gar nicht kenne?

Wer bisher Abgeordneter werden wollte, musste nur innerhalb seiner Partei eine gute Figur machen. Sein Name stand – mit Ausnahme der fünf Spitzenkandidaten jeder Partei – nicht einmal auf dem Stimmzettel. Nach dem neuen Wahlrecht müssen Kandidatinnen und Kandidaten vor Ort um Stimmen werben. Man wird sie also kennen lernen.

Was passiert bei den Beiratswahlen in der Stadtgemeinde Bremen?

Auch bei den Beiratswahlen haben die Bürgerinnen und Bürger fünf Stimmen zum Kumulieren und Panaschieren. Hier sind ab 2011 auch Kandidaturen von Einzelbewerbern möglich.

Was passiert bei der Wahl der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven?

Auch bei dieser Wahl wurde das Kumulieren und Panaschieren eingeführt. Wie in der Stadtgemeinde Bremen bei den Beiratswahlen sollen sich auch Einzelbewerber zur Wahl aufstellen lassen können. Die 5%-Hürde wurde abgeschafft, wie bei bundesweit fast allen Kommunalwahlen üblich.

Wem nützt das neue Wahlrecht?

Uns allen. Wenn wir genauer auswählen können, wer uns im Parlament vertreten soll, erhalten wir mehr Einfluss. Und den Abgeordneten nützt es natürlich, da sie gegenüber der Parteiführung unabhängiger werden.

Wer stellt nach dem "neuen Wahlrecht" die Kandidatinnen und Kandidaten auf?

Weiterhin werden die Parteien ihre Kandidaten über die Landesliste aufstellen. Der Unterschied zum alten Wahlrecht ist lediglich, dass die Parteien eine Auswahl an Kandidaten anbieten müssen und somit die Wählerinnen und Wähler das letzte Wort haben werden, wer Abgeordnete/r wird und wer eben nicht.