Hannover: 4:0 für die direkte Demokratie

Oberbürgermeister Onay hat einen „Deal“ mit der „Letzten Generation“ abgeschlossen: Die Aktivistinnen und Aktivisten verzichten in Hannover auf weitere Anklebeaktionen. Im Gegenzug schreibt der Politiker einen Brief. Andere Aktive erreichten in der Landeshauptstadt für das Klima weit mehr – mit den Mitteln der direkten Demokratie. Ein Vergleich der beiden Klima-Deals von Hannover

Aktivisten der „Letzten Generation“ (Wikipedia (CC BY-SA 4.0))

Aktivisten der „Letzten Generation“ (Wikipedia (CC BY-SA 4.0))

Medien-Deutschland debatiert: Hat Hannovers OB Belit Onay sich „erpressen“ lassen, als er einen „Deal“ mit den umstrittenen Aktivistinnen und Aktivisten von „Letzte Generation“ aka „Klimakleber“ einging? Auch nach mehreren Tagen reißt die Kritik nicht ab.

Was war geschehen? Onay hatte sich mit lokalen Akteuren von „Letzte Generation“ an einen Tisch gesetzt und verhandelt. Ihr „Pakt“ umfasst, dass die „Letzte Generation“ in Hannover ihre Aktionen einstellt. Auch in unserer Landeshauptstadt war es immer wieder zu Straßenblockaden gekommen. Nun wird dies nicht mehr der Fall sein. "Proteste in Hannover beendet", lesen wir auf dem Twitter-Account der „Letzten Generation“

OB Onay versprach im Gegenzug, einen Brief an die Vorsitzenden der demokratischen Bundestagsfraktionen zu schicken. Darin signalisiert er Unterstützung für die LG-Forderungen nach einem Tempolimit und einem Neun-Euro-Ticket. Die heftig umstrittene Forderung nach einem „Gesellschaftsrat“ übernimmt er nicht.

Stattdessen verweist er auf den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Darin heißt es: „Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren. Dabei werden wir auf gleichberechtigte Teilhabe achten. Eine Befassung des Bundestages mit den Ergebnissen wird sichergestellt.“

 

Konflikt befriedet – fast zum Nulltarif

Nüchtern betrachtet hat Onay so einen Konflikt befriedet, ohne allzu viele Konzessionen zu machen. Die Forderungen nach Tempolimit und Neun-Euro-Ticket dürften ihm als Grünen nicht schwerfallen. Und mit seiner Bürgerratsforderung rennt er zumindest bei den Regierungsparteien offene Türen ein. Auch wir finden sie gut.

Trotz des medialen Gewitters wird der Brief im politischen Berlin wohl kein Erdbeben auslösen. Aus Sicht der „Letzten Generation“ heißt das: Sie haben nichts erreicht – trotz hochgradig umstrittener Aktionen. Und trotz hoher Risiken: Die „Letzte Generation“ führt Listen, in denen Menschen anstreichen können, ob sie bereit sind, für eine Klebe-Aktion in den Knast zu gehen. Gering bleibt der Ertrag...

 

Mehr erreichen mit direkter Demokratie

Das lässt sich von der Direkten Demokratie nicht sagen. Sie ist Teil unseres politischen Systems und damit völlig legal. Sie ist ein demokratisches Mittel, um Veränderung herbeizuführen. Und mitunter wirkt sie. Auch in Hannover, wo die Initiative „Hannover erneuerbar“ im Jahr 2020 ein Bürgerbegehren startete.

Auch hier ging es um Klimapolitik. Auch hier stand am Ende ein Deal: mit OB Onay und dem städtischen Stromversorger enercity. Das Bürgerbegehren öffnete schlicht das Tor zu Verhandlungen. Und die gingen gut aus für „Hannover erneuerbar“: Man erreichte eine gemeinsame Vereinbarung mit OB Onay und dem lokalem Energieversorger enercity „zur Beschleunigung des lokalen Kohleausstiegs und der lokalen Energiewende“.

Unter anderem geht das Kohlekraftwerk in Stöcken mehrere Jahre früher als vorher geplant vom Netz. Es gibt ferner eine Initiative zum Ölheizungstausch, eine Anschlusspflicht für Fernwärme und eine Heizungseffizienzoffensive. Auch die Berichte in den Medien waren überwiegend positiv.

Das heißt: „Hannover erneuerbar“ konnte vier substanzielle Forderungen durchsetzen, die „Letzte Generation“ keine einzige. Manchmal kommt es eben darauf an, das richtige Mittel zu wählen.

Unsere Stellungnahme zur Forderung der Letzten Generation nach einemGesellschaftsrat“ finden Sie hier

 

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