„Ich bin zuversichtlich, dass 2023 wieder ein besseres Jahr wird“

2020 war ein Jahr Rekordjahr der Bürgerentbegehren in Niedersachsen. Es folgte ein Rekordjahr der Bürgerentscheide. 2022 dann ein jäher Rückgang. Warum das kein Grund zur Panik ist, erklärt uns Mehr-Demokratie-Landessprecher Dirk Schumacher.

Mehr Demokratie zieht jährlich Bilanz über das direkt-demokratische Geschehen in Niedersachsens Kommunen: 2020 wurden 40 Bürgerbegehren gestartet, 2021 waren es 20, 2022 nur sechs. Dirk Schumacher, niedersächsischer Landessprecher von Mehr Demokratie und Bürgerbegehrensberater, ist darüber nicht erfreut, aber auch nicht ernsthaft besorgt.

Dirk, die Zahl der Bürgerbegehren hat sich von 2020 auf 2021 halbiert. Von 2020 auf 2022 ging sie um 85 Prozent zurück. Ein Grund zur Besorgnis?
Dirk Schumacher: Nö, ich bin tiefenentspannt.

Warum?
Schumacher: Das sind halt die üblichen Schwankungen, wie wir seit Langem beobachten. Die Spannbreite reicht von einem einzigen Bürgerbegehren im Jahr 1996 bis zu 40 Bürbegehren im Rekordjahr 2020. Wie viele Bürgerbegehren es gibt, hängt letzten Endes einfach von der Menge kommunalpolitischer Themen ab, die vor Ort strittig sind und die sich für ein Bürgerbegehren eignen. Aber auch die Verfahrensregeln spielen eine Rolle.

Themen, die sich eignen: Was meinst Du damit?
Schumacher: Grundsätzlich darf es Bürgerbegehren ja nur zu Themen geben, über die auch ein Stadtrat beschließen darf. Wenn er nicht zuständig ist, weil das Land oder der Bund das Zepter schwingen, dann können auch die Bürgerinnen und Bürger nicht mitbestimmen. Und dann gibt es aber auch viele Themenausschlüsse. Es darf insbesondere keine Bürgerbegehren zur Bauleitplanung geben. Im vorletzten Jahr kam ein weiteres Tabu hinzu: Die Standorte von Rettungsdiensten und Krankenhäusern dürfen nicht Gegenstand von Bürgerbegehren sein. Niedersachsen ist in dieser Hinsicht restriktiver als viele andere Bundesländer.

Was war denn bemerkenswert an den Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden im letzten Jahr?
Schumacher: Naja, es ging oft um Sozial- oder Bildungseinrichtungen. Klima und Verkehrspolitik waren im letzten Jahr kein Thema mehr. Es wurde einRatsentscheid beschlossen, das ist in Niedersachsen recht selten. Der Kreistag des Landkreises Grafschaft Bentheim wollte einen Bürgerentscheid einkassieren und hat deshalb selber einen Bürgerentscheid gestartet.

Warum hat er nicht einfach einen politischen Beschluß gefasst?
Weil er das erst nach zwei Jahren darf. So lange ist das Ergebnis eines Bürgerentscheids gewissermaßen davor geschützt, von der Kommunalpolitik wieder aufgehoben zu werden. Ein Ratsentscheid geht schneller, dachte sich der Kreistag wohl. Bisher wurde der Bürgerentscheid aber noch nicht durchgeführt. Es ging um die Renovierung einer Eissporthalle, dann stand offenbar ein Investor vor der Tür. Nun soll der Bürgerentscheid am 7. Mai stattfinden.

Gab es sonst noch Ungewöhnliches?
Schumacher: Erstmals seit 2016/17 ist kein einziges Bürgerbegehren am Zustimmungsquorum gescheitert.

Was heißt das?
Schumacher: Bei einem Bürgerentscheid muss ja nicht nur eine Mehrheit für das Anliegen stimmen. Die mit Ja Stimmenden müssen auch mindestens ein Fünftel aller Wahlberechtigten sein. Es gab schon Bürgerentscheide, bei denen mehr als 80 Prozent mit Ja stimmten, aber die Abstimmungsbeteiligung war zu niedrig. „Unecht gescheitert“ nenne ich das.

Wir haben eine neue rot-grüne Landesregierung. Was kann sie besser machen als ihre rot-schwarze Vorgängerin?
Schumacher: Wenn ich einen Wunsch äußern darf für 2023: Ich fände es an der Zeit, dass das Land die Kommunen verpflichtet, vor jedem Bürgerentscheid ein Abstimmungsheft zu produzieren. Darin sollten die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente aufgeführt werden. Es sollte an alle Abstimmungsberechtigten verschickt werden, aber auch online zugänglich sein. Damit wäre ich für dieses Jahr zufrieden.

Wird 2023 wieder ein besseres Jahr für die direkte Demokratie in Niedersachsen Kommunen?
Schumacher: Ich bin zuversichtlich. Könnte sein, dass es mehrere Bürgerbegehren zum Thema Wärmewende geben wird. Ein Tipp noch an alle, die ein Bürgerbegehren starten wollen: Im letzten Jahr scheiterten mal wieder zwei Bürgerbegehren, weil sie von der Verwaltung für unzulässig erklärt wurden. Das kann man durch eine gute Beratung in aller Regel vermeiden. Mehr Demokratie berät die Initiatorinnen und Initiatoren von Bürgerbegehren kostenlos. Rufen Sie mich an – ich freue mich auf Sie!

 

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