Reform Bürgerbegehren - da ging noch was!

Seit 2014 beschäftigen wir uns mit der Reform von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Lange gab es keine Veränderungen am Gesetzentwurf aus dem Innenministerium. Nun scheint es, als hätten einige unserer Argumente auf den letzten Metern doch noch Gehör gefunden!

Der rot-grüne Gesetzentwurf zur Bürgerbegehrens-Reform ist seit Anfang des Jahres bekannt, die Eckpunkte waren es schon länger. An einigen Stellen (Streichung Kostendeckungsvorschlag, Einführung aufschiebende Wirkung, Einführung einer Beratung für Initiativen durch die Verwaltung) waren von vorherein Verbesserungen geplant, die wir gut finden! Es gab aber auch Punkte, mit denen wir Bauchschmerzen hatten und weitere Punkte, an denen wir uns mehr Reformbereitschaft erhofft hatten. Hier haben wir im Laufe des Jahres noch auf eine Änderung des Gesetzentwurfes hingewirkt. Lange sah es so aus, als würde nichts mehr passieren, nun gab es auf den letzten Metern doch noch Veränderungen am Gesetzentwurf der Landesregierung.

Stand der Dinge

Der Innenausschuss wird die Reform am 29. September noch einmal beraten. Danach wirft der Rechtsaussschuss noch einen Blick drauf, bevor am 26. Oktober das Landtagsplenum abschließend entscheidet. Die Reform soll dann zum 1.11., also zu Beginn der neuen Wahlperiode, in Kraft treten. Die Änderungen gelten dann für alle nach diesem Zeitpunkt neu angemeldeten Bürgerbegehren. Alle "alten" Verfahren müssen die Initiativen noch mit den alten Regeln zu Ende bringen.

Knackpunkt Unterschriftenquorum

Knackpunkt No. 1 der letzten Wochen war für uns eine sehr holprige Regelung zur Unterschriftenhürde beim Bürgerbegehren. So sollte für Kommunen bis 100.000 Einwohner alles beim Alten bleiben. Von der im Koalitionsvertrag versprochenen "deutlichen Senkung" keine Rede! Dabei findet die überwiegende Zahl der Verfahren in Kommunen dieser Größenordnung statt. Für Kommunen und Landkreise bis 200.000 Einwohner sollte ein Unterschriftenquorum von 10.000 Unterschriften gelten, für Kommunen über 200.000 Einwohner sollte ein Fünf-Prozent-Quorum gelten. Die 10.000-Unterschriften-Hürde hätte z.B. für den Landkreis Stade eine deutliche Verbesserung bedeutet, für die Stadt Göttingen oder die Landkreise Ammerland und Osterholz eine Erhöhung bedeutet. Auf diesen Widerspruch haben wir während der Anhörung im Innenausschuss hingewiesen. Offenbar haben wir Gehör gefunden, denn die Hürde wurde im August auf 8.000 Unterschriften gesenkt. Mittlerweile ist eine Unterschriftenhürde für Kommunen zwischen 100.000 und 200.000 Einwohner von 7,5 Prozent im Gespräch. Der unglückliche Wechsel von einem prozentualen zu einem absoluten Quorum steht nun nicht mehr zur Debatte.

Gut, dass die holprige Regelung vom Tisch ist!

Fazit: für große Kommunen eine sichtbare Verbesserung, für Kommunen bis 100.000 Einwohner Stillstand. Die Koalition wird hier ihrem Anspruch nicht gerecht (Koalitionsvertrag: "deutliche Senkung"). Eine Regelung, die ein Unterschriftenquorum von 7,5 Prozent für alle Kommunen vorsieht, wäre ein guter Kompromiss gewesen!

Knackpunkt Abstimmungsbenachrichtigung

Knackpunkt No. 2 war die von der Koalition geplante Abschaffung der 2011 von schwarz-gelb verpflichtend eingeführten schriftlichen Abstimmungsbenachrichtigung. Was bei Wahlen selbstverständlich ist, sollte für Bürgerentscheide nicht mehr gelten! Das haben wir deutlich kritisiert. Als Folge ist die Koalition nun zurückgerudert und hat unsere Argumente aus der Innenausschuss-Anhörung aufgegriffen. Gut so, denn eine solche Verschlechterung wäre nur schwer zu begründen gewesen.

Stand der Dinge: die Benachrichtigung bleibt.

Abstimmungshürde sinkt leicht

Die Senkung der Abstimmungshürde beim Bürgerentscheid von 25 auf zwanzig Prozent ist eine sichtbare, aber keine deutliche Verbesserung. Damit der Vorschlag eines Bürgerbegehrens sich zukünftig im Bürgerentscheid durchsetzt, müssen nur noch zwanzig Prozent der Wahlberechtigten (gemessen an der letzten Kommunalwahl) im Sinne des Bürgerbegehrens mit "Ja" stimmen (und natürlich auch der Mehrheit der Abstimmenden entsprechen). Hier haben wir eine deutlichere Senkung gewünscht. Modelle dafür hätte es gegeben, die sich an Bayern und Nordrhein-Westfalen orientieren.

Themenausschluss bleibt

Keine Bewegung gab es beim Themenausschluss "Planungsfragen". Wir haben gefordert, diesen zu streichen, damit es häufiger zu Bürgerentscheiden kommt. Durch den Ausschluss von Bebauungsplänen bleiben wichtige und für Bürgerinnen und Bürger interessante Fragen auch weiter aussen vor. Nur bei einer Öffnung würde es in Niedersachsen zukünftig häufiger zu Bürgerentscheiden kommen.

Fazit

Unsere Arbeit der letzten Wochen hat sich gelohnt. Wir bekommen das erste Mal seit 1996 sichtbare Verbesserungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Niedersachsen hätte aber die Möglichkeit gehabt, ein viel größeres Ausrufezeichen zu setzen, in dem es die Hürden stärker senkt und mehr Themen zulässt. Die Reformdebatte wird daher auch in den nächsten Jahren weitergehen.

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