Bilanz: Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Niedersachsen

Seit Einführung der lokalen Direktdemokratie 1996 gab es in Niedersachsen 449 direktdemokratische Verfahren (Bürgerbegehren und Ratsferenden) und 139 Bürgerentscheide (Stand 31.12.2022). Demgegenüber fanden in Bayern seit 1995 schon 3.249 direktdemokratische Verfahren und 1.998 Bürgerentscheide statt. (Stand 31.12.2020)

Dieser enorme Unterschied erklärt sich nicht etwa durch die größere Unzufriedenheit der Bayern mit der dortigen Kommunalpolitik, sondern ausschließlich durch die niedrigeren Hürden:

  • In Bayern sind alle wichtigen lokalen Themen zum Bürgerbegehren zugelassen, während es in Niedersachsen viele Einschränkungen gibt. Z.B. sind Bauleitpläne hier ausgenommen - sie machen im Freistaat ein Fünftel aller Begehren aus.
  • Bürgerbegehren in Bayern brauchen - anders als in Niedersachsen bis 2016 - keinen Kostendeckungsvorschlag. Zwischenzeitlich wurde der Kostendeckungsvorschlag auch in Niedersachsen abgeschafft. 2021 wurde eine Kostenschätzung eingeführt, die von der Kommune erstellt wird.
  • Die Bayern müssen weniger Unterschriften für Bürgerbegehren sammeln. Für Bürgerentscheide gilt in Bayern ein Zustimmungsquorum von 10 bis 20 Prozent. Diese Hürde liegt in Niedersachsen einheitlich bei 20 Prozent.

Selbst wenn es in Niedersachsen zum Bürgerbegehren kommt, ist der Erfolg unwahrscheinlicher als in Bayern: in Niedersachsen werden 42,2 Prozent aller Bürgerbegehren für unzulässig erklärt, in Bayern sind es nur 17,5 Prozent. Das liegt daran, dass die formalen Hürden sehr hoch sind. Am Kostendeckungsvorschlag, den es in Bayern nicht gibt, sind in der Vergangenheit in Niedersachsen sehr viele Begehren gescheitert. Bei fast jedem zweiten für unzulässig erklärten Bürgerbegehren spielte der Kostendeckungsvorschlag diese unrühmliche Rolle.

Kommt es trotz aller Widrigkeiten zum Trotz zum Bürgerentscheid, gibt es noch eine weitere hohe Hürde: das Zustimmungsquorum in Höhe von 20 Prozent. Am früher geltenden Quorum von 25 Prozent scheiterten 33 Prozent aller niedersächsischen Bürgerentscheide. Mittlerweile liegt die Quote "nur noch" bei 30,9 Prozent. Bundesweit liegt diese Quote bei 15 Prozent, in Bayern bei 6 Prozent. In Bayern, NRW, Thüringen und Schleswig-Holstein liegt dieses Quorum deutlich niedriger.

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Niedersachsen nach Jahren

Jahr Anzahl in dem Jahr gestarteter Bürgerbegehren Anzahl Bürgerentscheide
1996 1 -
1997 29 6
1998 12 8
1999 12 3
2000 7 5
2001 1 2
2002 20 3
2003 15 7
2004 25 9
2005 15 7
2006 13 2
2007 19 5
2008 14 2
2009 17 8
2010 12 3
2011 24 2
2012 14 6
2013 23 7
2014 14 3
2015 17 5
2016 18 2
2017 11 2
2018 17 5
2019 30 11
2020 40 10
2021 20 11
2022 7 5

Bürgerbegehrens-Bericht: 15 Jahre Bürgerbegehren in Niedersachsen

Der 15-Jahres-Bericht niedersächsischer Bürgerbegehren und Bürgerentscheide enthält alle Zahlen und Fakten zur direkten Demokratie auf kommunaler Ebene in Niedersachsen. Wir weisen auf Probleme hin und stellen unsere Reformforderungen vor.

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