Sonnenschein für die direkte Demokratie: Fünf erfolgreiche Bürgerbegehren in Niedersachsen

[03/22] In gleich fünf niedersächsischen Kommunen waren in den letzten Wochen Bürgerbegehren erfolgreich: In vier Fällen wird es wohl zu einem Bürgerentscheid kommen. Ein Bürgerbegehren erreichte offenbar auch ohne formale Abstimmung das angestrebte Ziel. Darauf weist der Fachverband Mehr Demokratie e.V. hin.

„Die direkte Demokratie blüht in unseren Städten und Gemeinden. Und das, obwohl die Regeln für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Niedersachsen suboptimal sind. Unser Bundesland belegt in den einschlägigen Rankings stets einen hinteren Platz“, sagt Dirk Schumacher, niedersächsischer Landessprecher von Mehr Demokratie.

Bürgerentscheid in Neßmersiel

Am 15. Mai werden in Neßmersiel die Bürgerinnen und Bürger über die etwaige Zukunft des Projekts „Bewegte Dorfstraße“ entscheiden. Ziel des Bürgerentscheids ist es, das Projekt zu stoppen. Letztlich geht es der BI „Dorfstraße“ aber um die kommunale Straßenbaubeitragssatzung, die als ungerecht und anarchronistisch empfunden wird. Bürgerbegehren zu weiteren Straßenbauprojekten wurden angekündigt.

Gemeinderat übernimmt wohl Forderungen in Bad Zwischenahn

In Bad Zwischenahn war ein Bürgerbegehren offenbar auch ohne formalen Bürgerentscheid erfolgreich: Die Initiative Bürgerbegehren Wasserturm wollte den Verkauf und Umbau eines Industriedenkmals verhindern. Sie sammelte hinreichend viel Unterschriften für einen Bürgerentscheid. Doch SPD, Grüne, ÖDP, Linke und Die Partei wollen den Verkaufs-Beschluss des Gemeinderates aufheben, um „einem teuren Bürgerbegehren zuvorkommen“, wie die Lokalpresse berichtet. Die fünf Fraktionen verfügen zusammen über 19 Sitze und damit eine Mehrheit im 36-köpfigen Gemeinderat.

Lüneburg, Wangerooge und Suderburg: Genug Unterschriften

In Lüneburg wurden 7.317 Unterstützer-Unterschriften für einen Radentscheid vorgelegt. Das Ziel des Bürgerbegehrens ist eine fahrradfreundlichere Verkehrspolitik vor Ort. 5.923 gültige Unterschriften sind notwendig. Auch wenn stets ein gewisser Prozentsatz an Unterschriften aus diversen Gründen aussortiert wird, dürfte es also reichen. Das heißt: Entweder übernimmt der Stadtrat die Forderungen des Bürgerbegehrens – so wie es beim Bürgerentscheid „Lüneburg Klimaneutral 2030“ Ende letzten Jahres der Fall war. Oder es kommt zum Bürgerentscheid.

Ähnlich schaut es in Wangerooge und Suderburg aus, wo ebenfalls eine wohl hinreichende Zahl an Unterstützerunterschriften für lokale Bürgerbegehren zustande kam. Das Bürgerbegehren in Wangerooge will sicherstellen, dass die lokale Bevölkerung beim geplanten Bau eines Hotelkomplexes einbezogen wird. In Suderburg wollen die Initiatoren eines Bürgerbegehrens ein altes Schulgebäude vor dem Abriss bewahren.

Das ist Mehr Demokratie e.V.

Der Verein Mehr Demokratie steht für ein umfassendes Demokratie-Update mit direkter Demokratie, mit innovativer Bürgerbeteiligung durch losbasierte Bürgerräte und das Online-Beteiligungstool Consul, mit einem bürgerfreundlichem Wahlrecht und einem gläsernem Staat. Der Landesverband Bremen/Niedersachsen feiert im April seinen 25. Geburtstag.

Weitere Ressourcen

Mehr Demokratie hat ein Merkblatt zur Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden in Niedersachsen veröffentlicht und unlängst aktualisiert
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/nds_merkblatt.pdf

Der Fachverband führt zudem detailierte Statistiken über Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Niedersachsen:
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/niedersachsen/buergerbegehren/bilanz/buergerbegehren-aktuell
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/nds-be-liste

2020 war ein Rekordjahr der Bürgerbegehren in Niedersachsen, 2021 folgte ein Rekordjahr der Bürgerentscheide
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/niedersachsen-rekordjahr-fuer-buergerbegehren
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/niedersachsens-buergerentscheid-rekord-wird-am-sonntag-eingestellt

Im aktuellen Volksentscheidsranking, gewissermaßen der Bundesländer-Hitparade der direkten Demokratie, belegt Niedersachsen, was die Regeln auf kommunaler Ebene betrifft, den viertletzten Platz. Allerdings beschloss die rot-schwarze Landesregierung zuletzt rechtliche Verschlechterungen, so dass Niedersachsen ein Abstieg droht.
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/volksentscheids-ranking-niedersachsen-droht-absturz
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/buergerbegehren-themenausschluss-bremst-demokratie