Verein kritisiert Verbot für Krankenhaus-Bürgerbegehren

[07/20] Viel Tadel und wenig Lob für die Regierungspläne von Mehr Demokratie

Scharfe Kritik erntet die Landesregierung vom Verein Mehr Demokratie für ihre in der vergangenen Woche bekanntgewordenen Pläne der Landesregierung, Bürgerbegehren über Krankenhausplanung und Rettungsdienste zukünftig zu verbieten. Presseberichten zufolge liegt ein Gesetzentwurf vor, der dies beinhaltet. „Niedersachsen ist das erste Bundesland seit Jahren, dass den Themenkatalog bei Bürgerbegehren einschränkt statt ihn auszuweiten. Das ist ein riesiger Rückschritt“ kritisiert Dirk Schumacher, niedersächsischer Sprecher von Mehr Demokratie e.V., die rot-schwarze Landesregierung. Damit würden die
Bürgerinnen und Bürger von Entscheidungen in zentralen Fragen ausgeschlossen.

Darüber hinaus soll den Plänen zufolge auf den Unterschriftenlisten von Bürgerbegehren zukünftig eine von der Kommune erstellte Kostenschätzung abgedruckt werden. Damit wird eine Regelung aus Nordrhein-Westfalen übernommen. „Das mag auf den ersten Blick gut gemeint sein, ist aber nicht praxistauglich, das wissen wir längst“  erklärt Dirk Schumacher. So gebe es regelmäßig Streit anlässlich überhöhter Kostenschätzungen. Auch dauere das Erstellen der Kostenschätzungen oft sehr lange und verzögere das Verfahren deutlich. „Natürlich muss bei Bürgerentscheiden über die Folgen, über Kosten
gesprochen werden, aber die Kostenschätzung beim Bürgerbegehren ist der falsche Ansatz“ erklärt Schumacher. 

Der Verein schlägt stattdessen die Einführung eines verpflichtenden Abstimmungsheftes vor Bürgerentscheiden vor, das auch Angaben zu den finanziellen Auswirkungen des Bürgerbegehrens beinhalten soll. Niedersachsen hatte 2016 die Erfordernis, bei Bürgerbegehren einen Kostendeckungsvorschlag vorzulegen, abgeschafft. Das war aus Sicht von Mehr Demokratie ein wichtiger Schritt, weil in Niedersachsen zu viele Initiativen mit einem angeblich unvollständigen Kostendeckungsvorschlag für unzulässig erklärt wurden. Sowohl der Kostendeckungsvorschlag, als auch die Kostenschätzung der Kommune suggerieren, es gäbe eine objektive Wahrheit bezüglich der Kosten. Dabei ist in nahezu jeder politischen Debatte die Frage der Kosten für ein Projekt  Gegenstand der politischen Auseinandersetzung. Mit einem obligatorischen Abstimmungsheft wäre es möglich, den Bürgerinnen und Bürgern unterschiedliche Kostenberechnungen zu präsentieren.

Lob erhält die Landesregierung hingegen für die Pläne, den Räten und Kreistagen zu ermöglichen, Bürgerentscheide anzusetzen. Durch Beschluss mit Zweidrittelmehrheit sollen Themen zur Abstimmung gestellt werden können. „Das ist lange überfällig, alle Bundesländer außer Niedersachsen kennen eine solche Regelung“ erklärt Dirk Schumacher. Damit werde auch die Möglichkeit geschaffen, Alternativvorschläge zu Bürgerbegehren zur Abstimmung zu bringen. Auch könnte so über seit langem strittige Themen entschieden werden oder aus formalen Gründen unzulässige Bürgerbegehren könnten noch zur Abstimmung kommen.

Der Gesetzentwurf selbst liege Mehr Demokratie e.V. derzeit noch nicht vor, teilt der Verein mit. Die Beratungen im Landtag hätten aber noch nicht begonnen. Wann die Änderungen in Kraft treten sollen, sei derzeit unklar.

Die letzte Bürgerbegehrens-Reform trat im November 2016 in Kraft. Damals wurden Unterschriften- und Abstimmungshürden gesenkt, eine aufschiebende Wirkung und ein Beratungsrecht für Initiativen eingeführt, sowie der Kostendeckungsvorschlag abgeschafft.