Arbeitskreis Wahlrecht
14.09.202410:00 - 12:00 Uhr
Videokonferenz-Plattform Zoom
Der Deutsche Bundestag erscheint vielen zu groß. Statt der vorgesehenen 598 Abgeordneten sitzen dort aktuell 734 Volksvertreterinnen und -vertreter. Eigentlich will niemand im Bundestag ein so großes Parlament. Alle Fraktionen sind sich einig, dass das Wahlrecht geändert werden muss, um ein weiteres Aufblähen des Parlaments zu verhindern. Nur über das WIE können sie sich nicht einigen.
Der Bundestag am 17. März 2023 mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP eine Reform des Wahlrechts beschlossen. Ziel der Ampelparteien ist es, die Zahl der Abgeordneten deutlich zu reduzieren. Ursprünglich hatten sie eine Verkleinerung von derzeit 734 auf 598 Abgeordnete angestrebt. Nun wurde eine Verkleinerung auf 630 Mandate entschieden.
Mit der Reform sollte zudem die Grundmandatsregelung wegfallen. Sie hat es bisher regional starken Parteien ermöglicht, in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben, aber mindestens drei Direktmandate erringen. Davon profitierte bei der Bundestagswahl 2021 die Linke, die als Fraktion in den Bundestag kam, obwohl sie bundesweit nur 4,9 Prozent der Stimmen erzielt hatte.
Änderung in den Wahlkreisen
Ganz erheblich verändert wurde auch die Wahl in den Wahlkreisen. Deren bisherige Grundidee, wonach der nach Mehrheit der im Wahlkreis abgegebenen Erststimmen ermittelte Sieger den Abgeordnetensitz erhält, wurde aufgehoben. Um Überhang- und Ausgleichsmandate zu verhindern, ist eine Deckung durch die Zweitstimme vorgesehen: Ein Kandidat mit den meisten Stimmen im Wahlkreis bekommt ein Wahlkreismandat nur dann, wenn nach dem Ergebnis der Zweitstimmen der jeweiligen Partei ein Sitz verfügbar ist.
Zur Verteilung der Sitze werden innerhalb einer Partei die Bewerber, die in ihrem jeweiligen Wahlkreis die meisten Stimmen geholt haben, nach ihrem Wahlkreisstimmenanteil gereiht. Dieser Reihe werden dann höchstens so viele Mandate zugeordnet, wie der Partei nach ihrem Zweitstimmenergebnis im Bundesland zustehen.
331 statt 299 Listenmandate
Stehen einer Partei mehr Sitze zu, als Personen im Wahlkreis die meisten Stimmen bekommen haben, werden diese zusätzlichen Sitze wie bisher durch die Liste besetzt. Stehen weniger Sitze zur Verfügung, haben die Personen mit dem geringsten Wahlkreisstimmenanteil das Nachsehen und das Wahlkreismandat wird nicht zugeteilt.
Der Reform zufolge werden 331 Mandate statt wie ursprünglich vorgesehen 299 über die Landeskandidatenlisten der Parteien vergeben. Damit soll die Zahl der Abgeordneten, die einen Wahlkreis über die Erststimmen gewinnen und trotzdem nicht in den Bundestag kommen, möglichst gering gehalten werden.
Verfassungsbeschwerden gegen neues Wahlrecht
Organisiert vom Verein "Mehr Demokratie" hatten 4.242 Menschen Verfassungsbeschwerde gegen das neue Wahlrecht erhoben. Zusammen mit dieser Verfassungsbeschwerde wurden sechs weitere Verfahren von CSU und LINKE sowie der CSU-geführten bayrischen Landesregierung am 23./24. April 2024 vom Bundesverfassungsgericht verhandelt.
In seinem am 30. Juli 2024 verkündetem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Zweitstimmendeckungsverfahren mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die 5 %-Sperrklausel verstößt aber derzeit gegen das Grundgesetz. Bis zu einer Neuregelung gilt sie mit der Maßgabe fort, dass bei der Sitzverteilung Parteien mit weniger als 5 Prozent der Zweitstimmen nur dann nicht berücksichtigt werden, wenn ihre Bewerber in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen auf sich vereinigt haben.
Arbeitskreis berät Urteil
Der Mehr Demokratie-Arbeitskreis Wahlrecht trifft sich 14. September 2024 von 10 bis 12Uhr zu einer Videokonferenz, um über die Auswirkungen des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Bundestagswahlrecht zu sprechen.
Interessierte sind herzlich willkommen. Bitte melden Sie sich an bei Paul Tiefenbach, E-Mail: Paul.Tiefenbach @mehr-demokratie.de
Veranstalter: Arbeitskreis Wahlrecht