Wozu Informationsfreiheit?
Jeder Bürger kann sich über öffentliche Angelegenheiten in seiner Kommune informieren - auch über Fragen, die in öffentlichen Sitzungen des Stadt- oder Gemeinderates vielleicht nicht ausreichend geklärt wurden. Jeder kann Entscheidungshintergründe, Planungsberichte, Protokolle, Gutachten, Kostenkalkulationen usw. nachlesen.
In einem demokratischen Rechtsstaat wie Deutschland geht die Staatsgewalt allein vom Volke aus (Artikel 20, Grundgesetz). Die Transparenz staatlichen Handelns und das Recht der Bürger auf Information und Akteneinsicht sind wichtige Voraussetzungen einer freiheitlichen Demokratie. Nur, wenn jeder Bürger ein Recht auf Information hat – und zwar ohne, dass er dafür bestimmte Bedingungen erfüllen muss – können die Menschen ihr Recht auf Kontrolle der Politik und Verwaltung voll ausüben.
Zu wissen, über was man abstimmt, ist Voraussetzung dafür, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Deshalb sollte jeder Bürger das Recht haben, bei einer Behörde Informationen anzufordern.
Bürgerinitiativen können für ihre Arbeit auf Informationen zurückgreifen, die ihnen von betroffener Seite womöglich absichtlich vorenthalten werden. Sie würden einen rechtlich abgesicherten Zugang zum "Herrschaftswissen" erhalten.
Informationsfreiheit ist ein Erfordernis der Pressefreiheit. Journalisten können zuverlässiges Datenmaterial beziehen statt auf die offiziellen Pressemitteilungen der Behörden oder die Auskunftwilligkeit von Insidern angewiesen zu sein. Die Recherche von Journalisten - unverzichtbar als Mittel der Kontrolle - wird so erleichtert.
Für Wirtschaftsunternehmen können Informationen aus der öffentlichen Verwaltung eine wertvolle Entscheidungsgrundlage etwa für Standortausbau, Produktentwicklung, Personalpolitik usw. sein. Die Angst, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse könnten durch ein IFG publik werden, sind unbegründet. Ein Blick in die USA zeigt, dass Anträge auf Akteneinsicht dort zu 80 Prozent von Privatunternehmen gestellt werden.
Behörden-Mitarbeiter haben persönlich nichts zu verbergen. Einen Antragsteller mit Informationen zu versorgen, ist ein heute vielfach schon selbstverständlicher Service. Eine bürgerfreundliche Behörde zeigt, dass sie sich bewusst ist: Eine Verwaltung ist für die Bürger da - nicht umgekehrt.
Politiker, die sich für ein Akteneinsichtsrecht stark machen, stellen unter Beweis, dass sie modern denken, bürgernah handeln und unsere Demokratie zu stärken bereit sind. Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi stellte seinen amtlichen Briefwechsel ins Internet. Diesem guten Beispiel sollten Politiker in Deutschland folgen.
Schließlich hat die Gesellschaft überhaupt einen Nutzen: Informationsfreiheit kann dazu beitragen, Verschwendung von Steuergeldern einzudämmen und Betrug und Korruption zu erschweren.
Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen sind Informationsfreiheitsgesetze notwendig: Das Geld, das öffentliche Stellen verwalten und investieren, kommt von den Bürgern. Deshalb sollten öffentliche Stellen dazu verpflichtet sein, offenzulegen, wie sie mit öffentlichen Geldern verantwortungsvoll umgehen. Das fördert die Effektivität und schützt vor Korruption.
Manche Gegner behaupten, Informationsfreiheitsgesetze bedeuteten eine unzumutbare Belastung für die Verwaltung. In jenen Bundesländern, in denen teilweise schon seit Jahren ein solches Gesetz praktisch zur Anwendung kommt, hat sich jedoch keine übermäßige Belastung der Verwaltung gezeigt.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, kritisierte 2010 bei der Vorstellung seines zweiten Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit die zögerliche Haltung einiger Behörden. „Ich stelle fest, dass wir weit entfernt sind von einer Kultur der Offenheit“, sagte Schaar und attestierte vielen Behörden eine „grundlegende Haltung“ gegen die Herausgabe von Informationen. „Die Informationsfreiheit steht zwar im Gesetz, aber sie muss mit Leben gefüllt werden“, forderte er. Bemerkenswert seien Hinweise, dass in einigen Bereichen der Verwaltung das mittlerweile vier Jahre alte Gesetz noch gar nicht bekannt sei.