Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Aufrufs, fordern vom künftigen Landtag erhöhte Anstrengungen im Bereich Transparenz und Digitalisierung. Hierzu gehören insbesondere die Einführung eines Transparenzgesetzes nach Hamburger Vorbild, eine Transparenzplattform, ein Lobbyregister, ein verpflichtendes Abstimmungsheft vor Bürger- und Volksentscheiden, die Möglichkeit der elektronischen Unterschriftensammlung bei landesweiten Volksbegehren sowie die Etablierung einer Open Source-Beteiligungsplattform.
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Transparenz ist Voraussetzung für eine gut informierte demokratische Debatte. Sie wirkt vertrauensbildend, sie fördert Meinungsbildung und politische Teilhabe und nützt nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch dem Staat selbst.
Laut Grundgesetz hat jede Person das Recht auf staatliche Informationen - doch die Umsetzung dieses Rechts innerhalb Deutschlands unterscheidet sich stark. Niedersachsen schneidet in diesem Bereich besonders schlecht ab. Im Transparenzranking der Bundesländer teilt es sich mit Bayern und Sachsen den letzten Platz. Hier haben die Bürgerinnen und Bürger nicht einmal einen Anspruch darauf, auf Nachfrage an Informationen zu gelangen (Informationsfreiheitsgesetz). Nur aufgrund des Umweltinformationsgesetzes und durch einige kommunale Informationsfreiheitssatzungen gibt es gewisse Auskunftsrechte.
Andere Bundesländer machen vor, wie es besser geht, allen voran Hamburg. Sie gewähren den Bürgerinnen und Bürgern auf Wunsch Zugang zu Informationen (Informationsfreiheit) und sie veröffentlichen Entscheidungen, Daten und Verträge von sich aus (Transparenz). Und das digital.
Wir fordern deshalb neben einem Informations- und Auskunftsanspruch die Schaffung einer zentralen, online und kostenlos zugänglichen Transparenzplattform, auf der Regierung, Behörden, der Landtag, sowie öffentlich finanzierte Einrichtungen zentrale Informationen proaktiv einstellen.
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Auch ein Lobbyregister-Gesetz samt legislativem Fußabdruck fehlt in Niedersachsen. Mit diesem werden klare und verbindliche Regeln für alle Lobbyakteure aufgestellt. Das Lobbyregister stellt Transparenz in der politischen Interessenvertretung her und verhindert so, dass versteckt Einfluß genommen wird. Der legislative Fußabdruck macht erkennbar, wer wann welche Klauseln in einen Gesetzentwurf eingefügt hat und ermöglicht das Nachvollziehen inhaltlicher Positionen.
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Auch bei der direkten Demokratie brauchen wir einen einfachen Zugang zu Informationen und Argumenten. Die Schweiz macht es vor: dort gibt es vor jeder der vielen Volksabstimmungen ein Abstimmungsheft, in dem alle Seiten ihre Position ausgewogen darstellen können. Das belebt und versachlicht die Debatte und führt zu einem besseren Dialog! Dabei brauchen wir beide Wege, um allen Bürgerinnen und Bürgern die Teilhabe zu ermöglichen: digital und analog. Bisher liegt es im Ermessensspielraum der Kommunen, ob es vor Bürgerentscheiden überhaupt ein Abstimmungsheft gibt. In einigen Bundesländern ist dies vor Abstimmungen bereits gängige Praxis.
Wir fordern die Verpflichtung, vor Bürger- und Volksentscheiden, allen abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürgern ein Abstimmungsheft mit den Pro- und Contra-Argumenten zu übersenden und dieses auch digital zur Verfügung zu stellen.
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Schon in den Vorstufen von Bürger- und Volksentscheiden sind die Hürden in Niedersachsen besonders hoch. Auch deswegen belegt unser Bundesland in den Volksentscheidsrankings von Mehr Demokratie stets einen der hinteren Plätze. Erschwerend kommt hinzu, dass aktuell nur handschriftliche Unterschriften auf Papier gültig sind. Dies hat zur Folge, dass in großen Kommunen und auf dem Land die Quoren kaum erfüllbar sind – und faktisch viel zu viele Bürgerinnen und Bürger außen vor bleiben.
Wir fordern deshalb die ergänzende Möglichkeit der elektronischen Sammlung von Unterstützungsunterschriften bei Volksinitiativen, Volksbegehren und Bürgerbegehren.
Niedersachsen kann dabei zum Vorreiter werden. Wir schlagen vor, dass der Landtag in der nächsten Legislaturperiode ein Pilotprojekt zum E-Collecting auf den Weg bringt. Für die Bürgerinnen und Bürger wird Mitbestimmung so erleichtert. Aber auch den Verwaltungen spart die Online-Unterschrift eine Menge Arbeit, Zeit und Kosten: der mühselige händische Abgleich von den Daten der Unterschriftenlisten mit jenen im Melderegister lässt sich so minimieren.
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Die Seele der Demokratie ist das Gespräch. Und das brauchen wir sowohl auf der persönlichen Ebene, als auch in größeren Dialogprozessen.
Vorhandene Beteiligungsmöglichkeiten müssen durch E-Beteiligung ergänzt werden. Sie funktioniert größtenteils zeit- und ortsunabhängig. Mit ihr können junge Menschen angesprochen, die Inklusivität gesteigert und schlicht mehr Bürgerinnen und Bürger erreicht werden. Selbstverständlich mit Open-Source-Software, damit unsere Daten und Prozesse auch unsere bleiben und öffentlich kontrollierbar sind. Immer mehr Kommunen weltweit und in Deutschland nutzen zum Beispiel das bewährte Tool Consul.
Wir fordern als zentralen Ort für Dialogprozesse eine Open-Source- Beteiligungsplattform für landespolitische Themen, plus die Möglichkeit für die Kommunen, unter diesem Dach kommunale Beteilungsplattformen zu gestalten und technischen Support vom Land zu erhalten.