24.000 Unterschriften für die Katz? Platanen-Bi vor Gericht.

Jahrelang sammelte eine Bürgerinitiative Unterschriften für einen Volksentscheid zum Erhalt von 130 Platanen am Neustädter Weserdeich. Möglicherweise war all die Arbeit vergeblich, denn das Volksbegehren könnte unzulässig sein.

Das mögliche Ende könnte unschön und unglamorös sein: Seit 2018 [sammelte die Bürgerinitiatiive „Platenen am Deich“] Unterschriften für ein Volksbegehren zum Erhalt von 130 Platanen in der Bremer Neustadt. Exakter: Für den Zulassungsantrag zum Volksbegehren. 2022 wurden die Unterschriften eingereicht, der Zulassungsantrag gestellt. Der Senat rief den Staatsgerichtshof an, weil er das Volksbegehren für unzulässig hielt. Jetzt hat das Gericht vier Stunden öffentlich verhandelt, der Gerichtssaal war rappelvoll. Das Urteil wird für den 11. März erwartet.
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Ewig sammeln…
Zum besseren Verständnis: Das Verfahren für ein Volksbegehren vollzieht sich in drei Schritten. In Phase 1 werden Unterschriften für den Zulassungsantrag gesammelt. 5.000 gültige Unterschriften müssen zusammenkommen. Eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht – man kann theoretisch auch Jahrzehnte lang sammeln. Dann wird in der Regel (!) der Zulassungsantrag geprüft: Reichen die Unterschriften? Ist ein Volksbegehren zu dieser Fragestellung überhaupt zulässig? Falls ja: Willkommen in Phase 2, dem Volksbegehren!

Und wieder gilt es, Unterschriften zu sammeln, fünf Prozent der wahlberechtigten Bremerinnen und Bremer müssen nun ihre Unterstützung signalisieren. Diesmal gilt eine Zeitvorgabe – und die ist sportlich: binnen drei Monaten muss das Wunderwerk geschehen. Sie müssen aber immer noch knapp 250 Unterschriften sammeln – pro Tag. Und zwar jeden Tag, drei Monate lang.

Wenn sie erfolgreich und alle Voraussetzungen erfüllt sind, folgt der Volksentscheid. Mehr dazu: hier.

… unter dem Damoklesschwert
Seit 2018 wird die Gesetzgebung neu interpretiert. Die für den Zulassungsantrag gesammelten Unterschriften werden auf das Volksbegehren angerechnet. Im Gesetz steht das übrigens nicht, obwohl eine Änderung schon vor Jahren angekündigt wurde und auch von Mehr Demokratie gefordert wird.

Und der Fehlanreiz? Die Platanen-BI sammelte einfach jahrelang Unterschriften in der Zulassungs-Phase, weil sie ja auf das Volksbegehren (=Phase 2) einzahlen. Warum sich den Stress machen, rund 25.000 Unterschriften binnen eines Vierteljahrs zu sammeln, wenn man sich auch Zeit lassen kann? Erst alles sammeln, dann Zulassungsantrag stellen war die Strategie der Platanen-BI. Das wirkt auf den ersten Blick schlau. Doch es gibt ein Problem: Die BI ließ sich nie die Zulässigkeit ihres Volksbegehrens bestätigen, indem sie irgendwann einfach mal den Zulassungsantrag stellte. Stattdessen übergab sie direkt 24.000 Unterschriften. Her mit dem Volksentscheid! Dann rief der Senat den den Staatsgerichtshof an, weil er das Ansinnen der BI für unzulässig hielt.

Endstation Staatsgerichtshof
Nicht zum ersten Mal wird die Zulässigkeits-Frage vor dem Staatsgerichtshof geklärt: Insgesamt achtmal hielt der Senat landesweite Volksbegehren für unzulässig und rief den Staatsgerichtshof an. In den sieben bisher abgeschlossenen Verfahren bestätigte der Staatsgerichtshof fünfmal die Position der Landregierung, ein Verfahren wurde zurückgezogen, eines setzte sich durch und das Platanen-Volksbegehren ist noch offen. Sechs der Fälle sind aus der Zeit vor den 2000er Jahren.

Das entspricht einer Quote von zwei Dritteln. Das heißt: Viel zu viele politische Fragen waren der direkten Demokratie entzogen. Immerhin wurde 2009 wurde das strikte Finanztabu gelockert, das eine Reihe der Urteil verursacht hat.

Bisher fanden im Land Bremen erst drei Volksentscheide statt, keiner aufgrund eines vorangegangenen Volksbegehrens. Sollte die Platanen-BI vor Gericht Erfolg haben, wäre Volksentscheid Nummer vier der erste, der aufgrund eines Volksbegehrens zustandekommt.

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