Ende der Schuldenbremse?

Die Linke will die Schuldenbremse für die beiden Städte des Landes Bremen aus der Landesverfassung streichen. Was ist davon zu halten?

Foto: Tim Reckmann / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Linke fordert Volksentscheid über die Schuldenbremse
Auf ihrem Landesparteitag hat die LINKE in Bremen am Sonntag beschlossen, einen Volksentscheid über die Abschaffung der Schuldenbremse in Bremen anzustreben. Sie will, dass die Städte Bremen und Bremerhaven wieder Kredite aufnehmen können, um in öffentliche Projekte investieren zu können, beispielsweise Schulen, Kitas und öffentlicher Nahverkehr. Die Schuldenbremse sei zu einer ernsten Gefahr für die Zukunft geworden, so heißt es im Beschluss des LINKE-Parteitags.

Die Linke strebt ein sogenanntes Parlamentsreferendum an: Dazu müsste die Bürgerschaft mit rot-grün-roter Mehrheit einen Volksentscheid über diese notwendige Verfassungsänderung beschließen. Der Volksentscheid könnte – so der Vorschlag der Linken - am Tag der Bundestagswahl 2025 stattfinden.

Was ist ein Parlamentsreferendum?
In Bremen wurde 1947 das sogenannte „Parlamentsreferendum“ in die Verfassung geschrieben: Mit Beschluss der einfachen Mehrheit der Abgeordneten kann die Bürgerschaft dem Volk ein Gesetz oder auch eine Verfassungsänderung zur Abstimmung vorlegen. Das „Referendum von oben“ bietet die Möglichkeit, die Bevölkerung bei wichtigen Fragen einzubinden. Und es eröffnet einen Weg, trotz fehlender Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, eine Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen. Denn in der Bürgerschaft bräuchte es für eine Verfassungsänderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Welche Regeln gelten beim Parlamentsreferendum?
Anders als die Linke in ihrem Beschluss formuliert hat, gilt für das Parlamentsreferendum nicht das 40-Prozent-Zustimmungsquorum. Diese hohe Hürde gilt nur für verfassungsändernde Volksentscheide, die auf ein Volksbegehren von unten zurückgehen. Beim Parlamentsreferendum gilt ein 20-Prozent-Zustimmungsquorum. Was ist ein Abstimmungsquorum? Es reicht nicht, wenn bloß eine Mehrheit der Abstimmenden das Ja ankreuzt. Die mit Ja Stimmenden müssten mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten entsprechen.

Ist der Vorschlag möglich?
Rechtlich wäre ein Parlamentsreferendum möglich. Doch es bräuchte die Stimmen aller drei Regierungsparteien. Beide Koalitionspartner, also SPD und Grüne, meldeten bereits Bedenken an.

Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung einer Verfassungsänderung wäre ein Volksentscheid von unten, getragen von der Bevölkerung. Doch bei verfassungsändernden Volksbegehren sind die Hürden sehr hoch. 10 Prozent aller Stimmberechtigten müssten beim Volksbegehren unterschreiben. Beim Volksentscheid würde ein Abstimmungsquorum von 40 Prozent gelten.

Gab es schon mal ein Parlamentsreferendum?
Einmal. 2017 beschloss die Bürgerschaft, die Bevölkerung über die Verlängerung der Wahlperiode abstimmen zu lassen. Damals fand der Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl statt. Bei einer Beteiligung von 70 Prozent stimmte eine knappe Mehrheit gegen die Verlängerung. Die Verfassungsänderung war damit abgelehnt.

Was genau soll sich ändern?
Die Schuldenbremse gilt auch für alle Bundesländer, so legen es der Artikel 109 Absatz 3 des Grundgesetzes und der fast wortgleiche Artikel 131a der Landesverfassung fest.
 

Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“
Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz (Auszug).


Eng umrissene Ausnahmen gelten nur für konjunkturelle Krisen und Naturkatastrophen; auch hier folgt die Landesverfassung der Logik des Grundgesetz-Artikels. Die Schuldenbremse auf Landesebene bleibt in Stein gemeißelt, es sei denn, es käme zu einer entsprechenden Grundgesetz-Änderung. Einmalig ist jedoch ein bremischer Sonderweg: Die Schuldenbremse gilt auch für die beiden Städte Bremen und Bremerhaven, so will es der Artikel 146 der Landesverfassung. Kein anderes Land definiert eine Schuldenbremse für seine Kommunen. Auf den 146er zielt der Linke-Vorstoß offenbar ab.

 

Mitmachen? Mitmachen!

Wir kämpfen für ein Demokratie-Update mit direkter Demokratie, regelmäßiger Bürger-Beteiligung, der Transparenz staatlichen Handelns und einem bürgerfreundlichen Wahlrecht. Auch in Bremen und Niedersachsen.

  • Bestellen Sie unser kostenloses Infopaket mit Grundlagenheft!
  • Abonnieren Sie unseren Newsletter. Damit Sie immer wissen, was los ist.
  • Werden Sie Mitglied: Aktiv oder Fördermitglied, das ist Ihre Wahl!
  • Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende.
  • Unterstützen Sie unsere aktuelle Kampagne "Rettet unsere Stimmen"

Wir freuen uns auf Ihren Support!