Kein Platanen-Volksentscheid – und nun?

Das Volksbegehren zum Erhalt der Platanen am Weserufer ist unzulässig. Das entschied der Staatsgerichtshof in Bremen. Was können wir aus dem Verfahren lernen?

 

Das letzte Wort ist gefallen: Es wird keinen Volksentscheid zum Erhalt der Platanen auf der Neustädter Weserseite geben. So sprach der Staatsgerichtshof, Bremens Verfassungsgericht. Das Volksbegehren sei unzulässig. Wir erinnern uns: 136 Platanen sollen gefällt werden – im Namen des Hochwasserschutzes. Nur so könne der Stadtteil Neustadt geschützt werden, argumentiert der Senat.

Nein, die Bäume sollten erhalten bleiben, sagen die Initiatorinnen und Initiatoren des Volksbegehrens. Im Namen des Naturschutzes. Und dem Hochwasserschutz könne man auch in anderer Form genüge tun. Doch aus dem Alternativ-Konzept wird jetzt nichts. Die Richterinnen und Richter befanden, das Volksbegehren würde Bundesrecht brechen.

Der Bund hat das Sagen
Ihre Argumentation: Die im Volksbegehren vorgesehenen Maßnahmen verstießen gegen Bundesrecht. Denn „die bestimmungsgemäße Nutzung der Fläche vorrangig zum Hochwasserschutz“ wäre dadurch nicht mehr gewährleistet. Der Bundesgesetzgeber regele das Verhältnis zwischen Naturschutz und Landschaftspflege für Flächen, die dem Hochwasserschutz dienen. Es handele sich dabei „um einen abweichungsfesten allgemeinen Grundsatz des Naturschutzrechts“.

Heißt: Der Bund hat das Sagen. Das Land darf schweigen. Und das wirkt sich natürlich auch auf die Möglichkeiten der direkten Demokratie aus: Wenn Bürgerschaft und Senat keine Mitsprache haben, dann ist auch ein Volksbegehren unzulässig. Finden zumindest die Richterinnen und Richter.

Regelungen schaffen Fehlanreiz
Über mehrere Jahre hatte die Platanen-Initiative protestiert und Unterschriften gesammelt, 26.000 an der Zahl. Jetzt stellt sich heraus: Das Volksbegehren ist unzulässig. Warum hat das so lange gedauert? Die Regelungen zur direkten Demokratie im Land Bremen enthalten einen Fehlanreiz: In Stufe eins des Verfahrens können die Initiatorinnen und Initatoren ohne Zeitbegrenzung Unterschriften sammeln. Formell nur für den Zulassungsantrag des Volksbegehrens. 5.000 Stimmen werden hier gebraucht. Doch die Unterschriften werden im Volksbegehren angerechnet.

In Stufe zwei, dem eigentlichen Volksbegehren, gilt hingegen eine Frist von drei Monaten. Die Platanen-Initiative hat nun die erste Stufe ausgedehnt und knapp Vier Jahre lang Unterschriften gesammelt. Sie ließen jedoch nicht offiziell überprüfen, ob ihr Volksbegehren eigentlich zulässig ist. Sie fühlten sich sicher, weil die Beratung mit Behörden im Vorfeld der Sammlung keine Bedenken ergeben hatte. Die rechtliche Prüfung erfolgte erst jetzt. Nach all der Arbeit, nach all den Jahren.


Drei Änderungen – und das Problem ist gelöst
Wir finden: Die bisherigen Regelungen sollten reformiert werden, damit dieser Fehlanreiz entfällt. Mehr Demokratie will das dreistufige Verfahren reformieren: Nach Stufe eins, dem Zulassungsantrag, sollte unmittelbar die Zulässigkeit geklärt werden. So ist zumindest früh klar, was Sache ist. Damit wird vermieden, dass eine Initiative Jahre lang vergeblich sammelt und sich Hoffnung macht.

 

Weniger Unterschriften im Zulassungsverfahren, dann aber sofort eine obligatorische Überprüfung der Zulässigkeit: Damit wäre das Problem gelöst


Wir schlagen aber vor, die Unterschriftenhürde in der ersten Stufe deutlich zu senken, sie mindestens zu halbieren. Denn es geht ja zunächst nur darum zu prüfen, ob ein Volksbegehren überhaupt zulässig ist. Das wäre - gerade zu Beginn des Verfahrens - eine wirkliche Erleichterung für die Initiativen. Nach der ersten Stufe könnten gegebenenfalls das Volksbegehren und der Volksentscheid folgen. Ein solches dreistufiges Verfahren ist in vielen Bundesländern üblich und hat sich in der Praxis bewährt.

Wir plädieren außerdem dafür, die Fristen im gesamten Verfahren zu überarbeiten. Das Bundesland Hamburg hat die Fristen besser geregelt: Wenn ich dort zu einem Zeitpunkt X ein Volksbegehren starte, dann weiß ich, der etwaige Volksentscheid wird zum Zeitpunkt Y stattfinden. Das ist insbesondere dann relevant, wenn eine Initiative anstrebt, dass ihr Volksentscheid parallel zu einer Wahl stattfindet, um so eine hinreichend hohe Beteiligung zu sichern. Hamburg ist hier ein echtes Vorbild.

Weitere Informationen

Urteil des Staatsgerichsthofes (externer Link)

BI Platanen am Deich

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