Viertes Volksentscheids-Ranking veröffentlicht: Bremen sprintet aufs Siegertreppchen, Niedersachsen steht still

Mehr Demokratie hat am Dienstag das vierte Volksentscheids-Ranking veröffentlicht. In dem Ranking-Bericht, der 2003 zum ersten Mal erstellt wurde, landet Bremen mit der Note "Befriedigend" auf dem dritten Platz, während Niedersachsen mit der Note "Ausreichend" auf Platz 13 landet.

In dem Ranking-Bericht, vergleicht Mehr Demokratie die gesetzlichen Regelungen der Bundesländer für direkte Demokratie auf Kommunal- und Landesebene und erstellt eine Rangliste der Bundesländer. Dem Ranking liegt ein Bewertungsmaßstab zugrunde, den Mehr Demokratie „das optimale Design der direkten Demokratie“ nennt. Dieser orientiert sich am internationalen Rankingbericht des „Initiative and Referendum Institute“, der die direkte Demokratie in 32 europäischen Staaten vergleicht. Mit Hilfe dieses Maßstabes wurden dann Schulnoten vergeben. Auch der Umgang mit Volksbegehren in der Praxis findet Eingang in die Bewertung, in Berlin hat dies trotz guter Regelungen zu einer Abwertung der Note geführt.

Bremen

Zu den Gewinnern des Rankings gehört Bremen: das Bundesland hat sich im Vergleich zum vorigen, 2010 veröffentlichten Ranking von Platz 5 auf Platz 3 nach oben bewegt. Die Gesamtnote lautet nach wie vor „Befriedigend“. Aufgrund von Reformen in Bremen und Bremerhaven hat sich der Zwei-Städtestaat zu Recht verbessert. Jedoch soll sich Bremen mit einer „Drei“ nicht zufrieden geben. Die Zusatzhürden bei Volksentscheiden sind immer noch zu hoch.

Ursache für die bessere Gesamtbewertung Bremens im Vergleich zu 2010 sind die Reformen der Stadtverfassung in Bremerhaven 2012 und die im August dieses Jahres beschlossenen Reformen bei verfassungsändernden Volksbegehren und Volksentscheiden und beim Bürgerantrag sowie die Einführung des Privatisierungsreferendums. Bremen hat allerdings auch davon profitiert, dass Berlin von Platz 2 auf Platz 6 zurückgefallen ist.

Aus den Ergebnissen des Rankings zieht Mehr Demokratie den Schluss, dass bei direktdemokratischen Reformen noch weitere Schritte nötig sind, bis Bremen wirkungsvolle direktdemokratische Verfahren hat. Auf Landesebene wäre durch obligatorische Volksentscheide bei Verfassungsänderungen eine deutliche Verbesserung möglich, auch obligatorische Volksentscheide zu Finanzfragen würden zu einer besseren Benotung führen. Bremen könnte hier Vorreiter sein, es gibt nur wenige Bundesländer mit obligatorischen Verfassungsreferenden und keines mit dem obligatorischen Finanzreferendum.

Zu einer besseren Benotung würde laut Mehr Demokratie auch eine deutlichere Senkung des Zustimmungsquorums bei verfassungsändernden Volksentscheiden führen. In Bremen sind Verfassungsänderungen durch die Bürgerinnen und Bürger nahezu unmöglich. Auch bei den Themenausschlüssen sieht Mehr Demokratie noch Steigerungspotential mit Blick auf zukünftige Rankings.

Verbesserungspotential gäbe es auch noch in Bremerhaven, wo vor allem die immer noch weitreichenden Themenverbote bei Bürgerbegehren zu Abzügen führen. Auch die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind nicht so, wie es nach Angaben von Mehr Demokratie für eine Stadt dieser Größenordnung angemessen wäre.

Niedersachsen

Das Ergebnis des Rankings: Niedersachsen steht still. Die Gesamtnote hat sich seit dem Ranking 2010 nicht verändert, sie liegt unverändert bei 4,3 (ausreichend). Trotz unveränderter Benotung ist Niedersachsen im Bundesländer-Vergleich von Platz 12-13 auf Platz 13 zurückgefallen. Im ersten Volksentscheids-Ranking lag Niedersachsen noch auf Platz 7.

Grund für das Zurückfallen Niedersachsens im Bundesländervergleich sind Reformen in den anderen Bundesländern. Diese haben 2007 eingesetzt, sind aber in Niedersachsen nicht angekommen, so Mehr Demokratie. Im Ländervergleich steche vor allem Hamburg hervor, das einzige Bundesland, das die Gesamtnote „Gut“ erhalten hat.

Reformen der direkten Demokratie auf der Kommunalebene hat es in einer Reihe von Bundesländern gegeben. Sichtbar ist dies daran, dass gleich an sechs Bundesländer für ihre Bürgerbegehrens-Regelung die Note „Gut“ vergeben wurde. Bayern und Thüringen sind Länder mit einer beispielhaften Regelung, an der es sich zu orientieren lohnt. Mehr Demokratie fordert Rot-Grün zum Handeln auf. Die Koalition steht im Wort und sollte die Reform von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zügig angehen. Reformen dürfen sich aber nicht auf eine Senkung der Hürden bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden beschränken. Für eine Politik des Zuhörens reicht es nicht, die Unterschriftenhürden zu senken. Es muss auch klar sein, dass Bürgerinnen und Bürger in allen Fragen der Kommunalpolitik mitentscheiden dürfen. Im rot-grünen Koalitionsvertrag ist für die Erweiterung des Themenspektrums von Bürgerbegehren nur ein Prüfauftrag vorgesehen. Das reicht aber nicht, denn Bürgerentscheide beleben die Demokratie, Themenverbote sind daher sinnlos. Reformpotential sieht Mehr Demokratie in der Senkung der Unterschriftenhürde, einer Streichung des Zustimmungsquorums, einer deutlichen Ausweitung der Themen. Mehr Demokratie fordert Regeln für einen fairen Umgang mit Bürgerbegehren. Darüber hinaus sieht Mehr Demokratie in der Streichung des Kostendeckungsvorschlages, der Einführung einer aufschiebenden Wirkung und des Ratsreferendums sowie der Einführung obligatorischer Bürgerentscheide z.B. bei gravierenden finanziellen Entscheidungen wichtige Schritte für eine die Verbesserung der niedersächsischen Ranking-Noten.

Niedersachsen: CDU muss sich bewegen

Reformen auf Landesebene gab es unter anderem in Rheinland-Pfalz und Bremen. Dort hat die CDU eine positive Rolle bei der Reform der direkten Demokratie gespielt. Da für Reformen bei Volksbegehren und Volksentscheiden die Verfassung geändert werden muss, ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die niedersächsische CDU, die sich Reformen im Bereich der direkten Demokratie bisher verweigert hat, muss sich bewegen, damit es auch in Niedersachsen zukünftig bessere Regeln bei der direkten Demokratie gibt. Damit Niedersachsen in zukünftigen Rankings eine bessere Position einnehme, ist ein deutliches Senken der Unterschriftenhürde für Volksbegehren und ein Streichen der Abstimmungsquorum beim Volksentscheid nötig, finanzwirksame Volksentscheide müssen zugelassen werden. Auch die Rahmenbedingungen für Volksbegehren und Volksentscheide müssen verbessert werden. So muss es vor Volksentscheiden ein Abstimmungsheft geben. Darüber hinaus fordert Mehr Demokratie obligatorische Volksentscheide bei Verfassungsänderungen und schlägt obligatorische Finanzreferenden vor.

Fazit

Die Noten sind kein Selbstzweck, sie zeigen wie wirkungsvoll direkte Demokratie in den Ländern geregelt ist. Bremen steht auch gut da, weil die anderen noch schlechter sind. Niedersachsen steht schlecht da, die Bürger können nicht wirksam mitentscheiden. Das muss sich ändern.

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