Wilhelmshaven: Bürgerbefragung zu neuem Kohlekraftwerk?

Internetseite der Wilhelmshavener Bürgerinitiative

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Das Thema Klimaschutz hat Konjunktur: Weltklimagipfel, „Klimakatastrophe“ als Wort des Jahres, Verleihung des Friedensnobelpreis für Klimaschützer. Dies sind die großen Debatten des zu Ende gehenden Jahres. Auch vor Ort setzen sich die Menschen vermehrt für klimafreundliches Verhalten ein.

 

Im niedersächsischen Wilhelmshaven, einer 80.000 Einwohner-Stadt am Jadebusen und in jüngster Zeit vor allem bekannt geworden durch die Diskussionen um den Bau des Jade-Weser-Ports, wurde Mitte November zwischen dem belgischen Energiekonzern Electrabel und der Stadt Wilhelmshaven eine Vereinbarung unterzeichnet, die den Bau eines Steinkohlekraftwerkes an der Jade vorsieht. Es gibt Pläne für den Bau von insgesamt vier Kraftwerken, so die Bürgerinitiative „Zeche Rüstersieler Groden“. Ein älteres Kohlekraftwerk ist bereits seit Jahren in Betrieb.

 

Gegen die Neubaupläne regt sich vor dem Hintergrund der Klimadebatte der Widerstand der Wilhelmshavener. Anfang Dezember gründete sich die Initiative „Zeche Rüstersieler Groden“, die zum Ziel hat, diesen Bau zu verhindern. Kritisiert wird neben der grundsätzlichen Problematik des Ausbaus fossiler Energieträger auch die Tatsache, dass der Neubau ohne Kraft-Wärme- Kopplung errichtet werden soll und somit ein zu geringer Wirkungsgrad erzielt wird.

 

Seit dem 8. Dezember sammeln die Gegner des Kraftwerks Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Dies richtet sich nicht direkt gegen den Bau, sondern fordert eine Bürgerbefragung nach §22d, NGO. Sollte die Initiative Erfolg haben und die erforderlichen Unterschriften zusammenbekommen, muss der Verwaltungsausschuss der Stadt Wilhelmshaven die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens prüfen. Sollte das der Fall sein, kommt es zum Bürgerentscheid über die Frage, ob es eine Bürgerbebfragung geben soll. Diesen Bürgerentscheid kann der Rat abwenden, wenn er die Durchführung der Bürgerbefragung selbst beschliesst. Das Ergebnis der Bürgerbefragung wäre nicht verbindlich. Die Initiatoren haben diesen Weg vermutlich deshalb gewählt, weil Bürgerbegehren, die Planungsverfahren berühren, in der Regel für unzulässig erklärt werden. Dies ist ein schwerwiegendes Manko der niedersächsichen Gemeindeordnung, das dazu führte, dass seit 1997 viele Bürgerbegehren an formalen Hürden scheiterten, obwohl sie politisch erfolgreich waren.

 

Wie eine solche Befragung ausgehen kann, zeigt das Beispiel der saarländischen Gemeinde Ensdorf, wo im November eine Bürgerbefragung zu einer ähnlichen Frage wie in Wilhelmshaven durchgeführt wurde. Hier lehnten 70% der Abstimmenden den Bau des Kraftwerks ab, worauf sich der Betreiber zurückzog. Das Ansinnen der Wilhelmshavener Bürgerinitiative ist also durchaus erfolgversprechend. Nach Auskunft der Initiativen-Homepage waren mit Stand vom 18.12. nach erst wenigen Sammeltagen bereits 1344 Unterschriften eingegangen, 6000 wären in einem Zeitraum von 6 Monaten zu sammeln.

 

Auch im emsländischen Dörpen zeigt sich seit Herbst Widerstand gegen den Bau eines Kohlekraftwerkes. Wie Radio Bremen vor einigen Tagen berichtete, wird auch in Nordenham, einer Kleinstadt an der Unterweser und in direkter Nähe zu den Städten Bremerhaven und Wilhelmshaven gelegen, über einen Kraftwerksbau nachgedacht.

 

Die Diskussion über die Bürgerbeteiligung im Vorfeld solcher Großprojekte beschränkt sich offensichtlich nicht auf Einzelfälle, sondern zieht sich momentan durch die gesamte Bundesrepublik. Hier zeigt sich der Wunsch der Bürger, über Zukunftsfragen mitentscheiden zu wollen, sehr deutlich. Die Einführung bundesweiter Volksentscheide, die eine breite Debatte über die zukünftige Energiepolitik ermöglichen würde und Reformen bei regionalen und lokalen Beteiligungsverfahren sind daher mehr als dringlich.

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