Aufstellen von Plakaten für das Volksbegehren in Bremerhaven verboten

[19/06] Mehr Demokratie e.V. appelliert an Fairness des Oberbürgermeisters

 

Bremen. Der Start der Unterschriftensammlung in Bremerhaven wird von einem Missklang überschattet. In Bremen wurde es den Initiatoren des

Volksbegehrens für ein neues Wahlrecht gestattet, ihre Plakate aufzustellen. Auch das Ortsamt Vegesack hatte keine Einwände. Anders dagegen in Bremerhaven. Per Schreiben vom 19.7. untersagt die Ortspolizeibehörde das Aufstellen von Plakaten für das Volksbegehren zur Änderung des Wahlrechts. Der Verein Mehr Demokratie e.V. sieht darin eine erhebliche politische Benachteiligung. Paul Tiefenbach, Vertrauensperson des Volksbegehrens: "Eine Volksbegehrenskampagne ist genauso wichtig wie ein Wahlkampf. Volksbegehren durchzuführen ist ein Bürgerrecht. Dieses Recht steht in der Bremer Verfassung, daher sollte uns erlaubt sein, die Menschen über ihr Recht und das Anliegen des Volksbegehrens zu informieren", fordert Tiefenbach.

 

Während in anderen Bundesländern wie in Hamburg sogar amtliche Eintragungsstellen auf den Behörden eingerichtet werden, ist im Land Bremen die ganze Sammlung ausschließlich Sache der Initiatoren. Deswegen, so Tiefenbach, müsse ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt werden, die Bürger auf die Aktion aufmerksam zu machen. Zumal in anderen Bundesländern trotz amtlicher Eintragungsstellen Plakatwerbung für Volksbegehren völlig normal sei.

 

Insofern spielt Bremerhaven unfair und begeht ein schweres demokratisches

Foul. Tiefenbach vermutet dahinter politische Gründe. "Besonders das

Plakat gegen den Parteienklüngel hat viel Staub aufgewirbelt. In der Deputation für Inneres wurde sogar über ein Verbot des Plakates diskutiert. Jetzt schlägt der Klüngel zurück." In einem offenen Brief appelliert Paul Tiefenbach an Oberbürgermeister Jörg Schulz, die Aufstellung der Plakate zu ermöglichen.

 

In Bremen, wo die Plakate längst aufgestellt sind, haben sie einen sehr positiven Effekt. Die Bürger sind vorab informiert und suchen die Infotische, um sich einzutragen. In Bremerhaven wissen dagegen viele Bürger noch gar nichts von der Sammlung. Der Verein Mehr Demokratie behält sich vor, gerichtlich gegen das Verbot vorzugehen, sollte der Brief an den Oberbürgermeister ohne Wirkung bleiben. Tiefenbach stellt fest: "Dieses

Verbot von Öffentlichkeitsarbeit ist eine äußerst gravierende Behinderung

unserer Kampage. Deshalb appelliere ich an die Fairness des Oberbürgermeisters." Und Tiefenbach erinnert an ein Urteil des

Verwaltungsgerichts Weimar, in dem es heißt:

 

"Das Demokratiegebot verbietet es, den Anspruch auf Sondernutzung zu

Zeiten des Wahlkampfes sowie während eines Volksbegehrens unterschiedlich

zu behandeln. Denn nicht anders als bei Wahlen muss den Trägern des

Volksbegehrens Gelegenheit gegeben werden, das Anliegen des Volksbegehrens öffentlich vorzutragen, damit die Stimmberechtigten ihre Entscheidung wahrnehmen können, dem Volksbegehren zuzustimmen oder dies zu unterlassen.

 

(Beschluß vom 8.11.2000, 2 E 2617/00.We)