Bremen: Reform der Volksgesetzgebung beschlossen

[48/09] Mehr Demokratie: Nach über 60 Jahren endlich eine brauchbare Regelung

Bremen. Der Verein Mehr Demokratie begrüßt die heute in dritter Lesung von der Bremischen Bürgerschaft beschlossene Reform zur Volksgesetzgebung. Nach fast zweijährigen Verhandlungen und Beratungen wurde das Reformpaket heute mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Linkspartei angenommen. Aufgrund der Verfassungsänderung war eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig. Diese wurde mit 57 Ja-Stimmen erreicht.

 

Aufgrund der hohen Hürden hat es in den 60 Jahren seit Bestehen der Regelung erst ein erfolgreiches Volksbegehren gegeben. Die rot-grüne Koalition hat nach der Wahl 2007 das Reformvorhaben in den Koalitionsvertrag aufgenommen und damit das Projekt angeschoben. In den vergangenen Monaten hatten sich während der Ausschuss-Beratungen alle Parteien für eine Vereinfachung von Volksbegehren und Volksentscheiden ausgesprochen.

 

Bei Volksbegehren zu einfachen Gesetzen konnte trotz unterschiedlicher Vorstellungen frühzeitig eine Einigung erzielt werden. Das Unterschriftenquorum wird von 10 auf 5 Prozent halbiert, die Mindestzustimmung beim Volksentscheid von 25 Prozent aller Stimmberechtigten auf 20 Prozent gesenkt. Auch die gesetzlichen Ausführungsbestimmungen werden bürgerfreundlicher gestaltet. Hierzu zählt

ein Abstimmungsheft vor dem Volksentscheid, die Möglichkeit der Zusammenlegung von Volksentscheiden mit Wahlen, die Erleichterung finanzwirksamer Volksbegehren und ein erhöhter Bestandsschutz von

Volksentscheiden. "In diesen Punkten kann sich die Reform sehen lassen. Vorher war Bremen lahm wie eine Ente, in Zukunft wird Bremen andere Bundesländer überholen", macht Tim Weber, Sprecher des Landesverbands deutlich.

 

Das gesamte Reformprojekt stand trotz der grundsätzlichen Einigkeit aller Parteien auf der Kippe. Als Knackpunkt haben sich insbesondere Volksbegehren mit dem Ziel einer Verfassungsänderung herausgestellt. Die SPD wollte als einzige Partei an der bestehenden Regelung festhalten (20 Prozent Unterschriftenquorum beim Volksbegehren, 50 Zustimmungsquorum beim Volksentscheid). "Bremen hätte bundesweit ein Zeichen setzen können", so Weber. "Die Sturheit der SPD macht dem untersten der Bremer

Stadtmusikanten alle Ehre". Zukünftig werden die Bürger mit einfachen Gesetzen auch zwischen den Wahlen stärker Einfluss auf die Politik im kleinsten Bundesland nehmen können. "Ihre Verfassung werden sie selbst aber nicht ändern können. Bremen bleibt in dieser Frage Schlusslicht", so Weber.

 

Beinahe wäre die Reform gescheitert, weil die Opposition für die verfassungsändernde Volksgesetzgebung weitergehende Forderungen hatte, eine Einigung aber nicht in Sicht war. Der Beweglichkeit von FDP und Linken sei es zu verdanken, dass die Reform gerettet wurde. "Wir sind beiden für ihre sachbezogene Abstimmung dankbar", zeigt sich Weber erleichtert.