Bürgerbegehren in Tostedt wird behindert

[18/12] Bürgermeister wendet sich per Brief an Geschäftsleute

In Tostedt (Landkreis Harburg) wurde am 19.10.2012 ein Bürgerbegehren gestartet, das sich gegen den geplanten Standort einer Kindertagesstätte wendet. Pläne der Gemeinde sehen einen Standort im historischen Ortskern vor, wogegen sich das Bürgerbegehren wendet. Im Zuge der Vorbereitungen des Bürgerbegehrens hat sich nun der Bürgermeister der Gemeinde in zwei Briefen an Geschäftsleute gewendet, die sich bereit erklärt hatten, Unterschriftenlisten des Bürgerbegehrens in ihren Geschäften auszulegen. Nachdem Listen für das Begehren in Geschäften ausgelegt wurden, wandte sich der Bürgermeister erneut an die Geschäftsleute. In den Briefen, deren Wortlaut Mehr Demokratie e.V. vorliegt, bitte er zunächst um ein Gespräch, um „die Sachverhalte darzustellen“, bevor die Geschäftsräume für Unterschriftenlisten zur Verfügung gestellt werden. In einem zweiten Brief bedauert der Bürgermeister „Leider musste ich feststellen, dass Sie den Antragstellern Ihr Geschäft bereits für die Auslage der Unterschriftenlisten zur Verfügung gestellt haben.“ Der Verein Mehr Demokratie kritisiert die Vorgehensweise des Tostedter Bürgermeisters. Dies wirke wie der Versuch, das Auslegen von Unterschriftenlisten zu verhindern.

Wie Mehr Demokratie weiter mitteilt, sei dies der erste Fall in der langjährigen Beratungspraxis des Vereins, in dem ein Bürgerbegehren auf diese Weise behindert werde. Rein juristisch sehe man zwar keine Probleme, weil ein Bürgermeister selbstverständlich Briefe schreiben dürfe, politisch kritisiert Mehr Demokratie aber das Vorgehen. Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie in Bremen und Niedersachsen, erläutert die Kritik: „Wir finden das Vorgehen des Bürgermeisters problematisch. Ein solcher Fall ist uns in unserer bisherigen Arbeit noch nicht begegnet. Wir sehen darin, auch aufgrund des zweiten Schreibens, den Versuch, das Bürgerbegehren zu behindern. Das kritisieren wir, denn ein Bürgerbegehren ist das demokratische Recht der Bürgerinnen und Bürger. Wenn Bürgerinnen und Bürger dieses Recht in Anspruch nehmen, sollte das von der Verwaltung unterstützt werden.“

Wie Weber weiter erläutert, handele es sich bei einem Bürgerbegehren noch gar nicht um eine Entscheidung, sondern um die Einleitung einer Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb solle die Verwaltung das Bürgerbegehren unterstützen, indem z.B. die Unterschriftenlisten im Rathaus ausgelegt werden.

Das Bürgerbegehren ist das dritte Bürgerbegehren in Tostedt.