Bürgerbegehren in Wilhelmshaven startet Unterschriftensammlung

[30/13] Mehr Demokratie: Hürden für große Städte sind zu hoch

In Wilhelmshaven startete jetzt nach monatelanger Vorbereitung die Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren. Dies teilt der Verein Mehr Demokratie heute mit. Mit dem Bürgerbegehren will die Bürgerinitiative „Wir machen Schule“ erreichen, dass ein Ratsbeschluss vom Februar dieses Jahres zum Schulentwicklungsplan geändert wird. Die Initiative hat einen Alternativvorschlag zu dem vom Rat beschlossenen Schulentwicklungsplan vorgelegt. Damit startete das erste Mal seit 2011 wieder ein Bürgerbegehren in einer niedersächsischen Kommune mit mehr als 50.000 Einwohnern. Der Beginn der Unterschriftensammlung hat sich nach Angaben von Mehr Demokratie über einen Zeitraum von vier Monaten immer wieder verzögert, weil die Bürgerinitiative ihr Bürgerbegehren im Rahmen der Vorabprüfung der Zulässigkeit immer wieder überarbeiten musste. Nun müssen für das Bürgerbegehren innerhalb von sechs Monaten 6734 Unterschriften gesammelt werden, damit es in der Stadt am Jadebusen zu einem Bürgerentscheid kommt. In Wilhelmshaven hat es zuletzt 2007 ein Bürgerbegehren gegeben, dieses richtete sich gegen den Bau von Kohlekraftwerken.

Die letzten Bürgerbegehren in Städten dieser Größenordnung gab es in Wolfenbüttel und Lüneburg. Vor dem Start des Wilhelmshavener Bürgerbegehrens hat es nach Angaben von Mehr Demokratie insgesamt in vergleichbaren niedersächsischen Kommunen erst 37 Bürgerbegehren gegeben, von denen 51,4 Prozent für unzulässig erklärt wurden. Nur in fünf dieser Fälle führte das Bürgerbegehren am Ende zu einem Bürgerentscheid. Mehr Demokratie führt die geringe Zahl der Bürgerbegehren auf die hohe Unterschriftenhürde zurück, die Bürgerinnen und Bürger abschrecke, Bürgerbegehren zu starten. Der Verein fordert eine deutliche Absenkung des Unterschriftenquorums. So sei es denkbar, ein nach Einwohnerzahl gestaffeltes Quorum einzuführen. Für Städte der Größenordnung Wilhelmshavens gilt in Nordrhein-Westfalen z.B. ein Quorum von sechs Prozent. Dirk Schumacher, Pressesprecher von Mehr Demokratie in Bremen und Niedersachsen, wirft einen Blick auf andere Bundesländer: „Läge Wilhelmshaven in Nordrhein-Westfalen, müssten nur 4041 Unterschriften gesammelt werden“.

Das Wilhelmshavener Bürgerbegehren zeige aber auch, dass es weitere Hürden gebe, die für Probleme sorgen. So sei der sehr hohe Prozentsatz der unzulässigen Bürgerbegehren vielfach auf Probleme bei der Erstellung des Kostendeckungsvorschlages zurückzuführen, an den hohe Anforderungen gestellt werden. In Wilhelmshaven habe vor allem die Prüfung der finanziellen Auswirkungen des Bürgerbegehrens Zeit gekostet. Schumacher sagt dazu: „Es ist für Initiativen oft enorm schwierig, die nötigen Zahlen zu ermitteln. Die Anforderungen an den Kostendeckungsvorschlag sind viel zu hoch. Wir brauchen hier dringend eine Reform“. Schumacher verweist auf Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin, wo die Verwaltung mit der Anmeldung des Bürgerbegehrens eine Kostenschätzung erstellen muss, die auf dem Bürgerbegehren abgedruckt werden muss. Noch einmal Dirk Schumacher: „Gäbe es das auch in Niedersachsen, hätte das Wilhelmshavener Bürgerbegehren deutlich früher starten können“. Zwar sei die seit 2009 existierende Möglichkeit, ein Bürgerbegehren vor Beginn der Unterschriftensammlung auf Zulässigkeit prüfen zu lassen, hilfreich, sie koste aber Zeit, die den Initiativen bei der Unterschriftensammlung fehlt. Angesichts der hohen Unterschriftenhürde in Niedersachsen sei dies ein Problem, so Schumacher.

Die von Mehr Demokratie geführte Bürgerbegehrens-Statistik für 2013 weist mittlerweile 19 Bürgerbegehren und 7 Bürgerentscheide auf. Durch die Vorabprüfung starten Bürgerbegehren oft mehrere Versuche, bis die Zulässigkeit feststeht und die Unterschriftensammlung beginnen kann. So gab es in Varel einen zweiten Anlauf, in Wilhelmshaven wurde das Bürgerbegehren viermal neu angemeldet. In einer um die Mehrfach Versuche bereinigten Statistik seien es daher nur 15 Bürgerbegehren.