Bürgerbegehren in Wunstorf unzulässig

[11/15] Mehr Demokratie kritisiert Entscheidung der Stadt

Der Verein Mehr Demokratie kritisiert die Begründung des Wunstorfer Verwaltungsausschusses, mit der dieser das Bürgerbegehren zum Erhalt des Schulzentrums Steinhude für unzulässig erklärt hatte. Wie der Verein mitteilt, liege ihm die Begründung dafür jetzt vor. Das Begehren wurde laut Verwaltung für unzulässig erklärt, weil der Erhalt von Schulstandorten kein zulässiges Thema für ein Bürgerbegehren sei. Außerdem seien laut Verwaltungsausschuss die Begründung, der Kostendeckungsvorschlag, und die Frageformulierung mangelhaft. Weil das Bürgerbegehren zwei Schulstandorte zum Thema hatte, sei möglicherweise auch das Unterschriftenquorum verfehlt worden. Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie in Niedersachsen kritisiert diese Entscheidung deutlich: „Die Begründung der Verwaltung ist in unseren Augen in vielen Punkten nicht stichhaltig“.

Deutlich werde das z.B. bei der Kritik der Stadt an der gewählten Fragestellung. So sei die gewählte Fragestellung des Bürgerbegehrens „Sind Sie dafür, dass die Beschlüsse des Rates der Stadt Wunstorf vom 21.01.2015 über die aufsteigende Aufhebung der Graf-Wilhelm-Schule zum Schuljahresbeginn 2015/2016 und die Aufhebung des Gymnasiums Steinhude zum Schuljahr 2016/2017 und Weiterführung für zunächst drei Jahre als Außenstelle des Hölty-Gymnasiums aufgehoben werden?“ unzulässig, weil damit nicht unmittelbar der Ratsbeschluss aufgehoben werde. Tim Weber kann angesichts dieser Kritik nur mit dem Kopf schütteln: „Es gibt Beispiele, in dem genau diese Formulierung für zulässig erklärt wurde. Oft fand sogar ein Bürgerentscheid statt. Die Stadt liegt hier völlig falsch.“ Konkretisiert werde in der Begründung außerdem nicht, wieso die Fragestellung nicht ausreiche, um die Ratsbeschlüsse aufzuheben.

Rätselhaft erscheint Mehr Demokratie auch die weitere Kritik an der Fragestellung. So sei nach Angaben der Stadt nicht erkennbar, wogegen sich das Bürgerbegehren wende. Laut Mehr Demokratie lasse sich das aus Fragestellung und Begründung erschließen. Auch der Hinweis, das Quorum sei verfehlt worden, weil der Rat die Schulschließungen in zwei Beschlüssen gefasst habe und deshalb zwei Begehren nötig seien, gehe fehl. Es sei möglich, zwei inhaltlich zusammenhängende Fragestellung innerhalb eines Bürgerbegehrens zu thematisieren, Kommentar und Rechtssprechung zum NkomVG legen das nahe.

Der Verwaltungsausschuss der Stadt Wunstorf verneine in seinem Gutachten, dass der Erhalt von Schulstandorten ein zulässiges Thema für ein Bürgerbegehren sei. Nach Angaben von Mehr Demokratie sei in einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stade aus dem Jahr 2013 in einem ähnlich gelagerten Fall eindeutig positiv zur Bürgerbegehrensfähigkeit von Schulstandortfragen entschieden worden. Dies seit ausdrücklich mit Verweis auf das niedersächsische Schulgesetz erfolgt. Die Stadt Wunstorf bezieht sich hingegen auf ein Urteil aus dem Jahr 1998. Tim Weber: „Wenn der Rat über den Erhalt von Schulstandorte entscheiden kann, können die Bürger das auch.“

Beim kritisierten Kostendeckungsvorschlag fordert Mehr Demokratie den Landtag auf, diese Hürde endlich abzuschaffen. Für das Bürgerbegehren wurde verlangt, einen Deckungsvorschlag über zehn Millionen Euro zu erarbeiten, weil die nach dem Wunsch des Bürgerbegehren zu erhaltenden Schulen in sechs Jahren saniert werden müssten. Nach Angaben der Stadt seien diese Zahlen aber ungenau und die Kostenentwicklung nicht absehbar. Für Mehr Demokratie ist nicht nachvollziehbar, wie ein Deckungsvorschlag erarbeitet werden soll, wenn die Kosten gar nicht zuverlässig geschätzt werden können. Ein häufig zitiertes Urteil des OVG Lüneburg zu diesem Thema lege nach Angaben von Mehr Demokratie nahe, dass die Bürger bei der Erstellung des Kostendeckungsvorschlages nicht überfordert werden dürften.

Tim Weber erläutert: „Unklare Kosten, keine genauen Angaben über den Sanierungsbedarf und Zeitdruck, weil die Gefahr besteht, dass die Stadt Fakten schafft. Diese Kombination sollte eigentlich dazu führen, dass man Bürgerinitiativen an dieser Stelle keinen Kostendeckungsvorschlag abverlangt.“ Wer das Urteil des OVG ernst nehme, sollte hier nicht die Erarbeitung eines – übrigens für die Stadt nicht verbindlichen – Deckungsvorschlages verlangen. „Der Kostendeckungsvorschlag hat schon unzählige Begehren ins Stolpern gebracht, er gehört aus dem Gesetz gestrichen“ erklärt Weber abschließend.

Das Bürgerbegehren in Wunstorf zum Erhalt der Graf-Wilhelm-Schule und des Steinhuder Gymnasiums wurde im März 2015 angezeigt. Im Mai wurden 5955 Unterschriften eingereicht.