Bundestagskandidaten für bundesweite Volksabstimmung

[13/17] CDU blockiert Einführung

Auf einer Podiumsdiskussion in Buchholz sprachen sich am gestrigen Abend mehrere Kandidaten des Bundestagswahlkreises 36 (Harburg) für die Einführung bundesweiter Volksabstimmungen aus. Zwar gab es auch kritische Stimmen und offene Fragen zur konkreten Ausgestaltung des Instruments. Aber eine Weiterentwicklung der Demokratie wurde unter den Kandidierenden mehrheitlich begrüßt. Im Publikum gab es zu Beginn der Veranstaltung in einem Meinungsbild zwar eine Vielzahl von Stimmen gegen die Einführung von Volksentscheiden, trotzdem wurde eine offene und interessierte Diskussion über bundesweite Volksabstimmungen geführt.

Die vom Verein Mehr Demokratie in Zusammenarbeit mit der Initiative „Die offene Gesellschaft“ organisierte Veranstaltung stand unter der Überschrift „Demokratie ist mehr als Wählen – Wege zu mehr Mitsprache“. Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe tourt der Verein zur Zeit durch Niedersachsen, um für seine Forderung nach Einführung bundesweiter Volksabstimmungen zu werben.

Unterstützung findet die Forderung von Mehr Demokratie bei Svenja Stadler (SPD), die sich positiv zur Volksabstimmung äußert: "Ich halte die Ergänzung zur repräsentativen Demokratie für wichtig. Sie hat sich in den letzten 70 Jahren bewährt, aber die Gesellschaft verändert sich, wir brauchen mehr Beteiligung auf allen Ebenen". Nadja Weippert (Bündnis90/Die Grünen) sagt: "Ich befürworte den Gesetzesvorschlag von Mehr Demokratie. Wir müssen die Menschen einbeziehen und die Angst vor der direkten Demokratie ablegen. Die Menschen werden dann zufriedener sein". Auch Joachim Kottek (Die Linke) will die Bürgerinnen und Bürger stärker einbinden: "Die direkte Demokratie ist ein Zugewinn für uns alle. Volksentscheide auf Landesebene funktionieren gut. Wir brauchen das auch auf Bundesebene". Wolfgang Knobel (FDP) kann sich Volksentscheide auf Bundesebene vorstellen, mahnt aber an: "Die FDP ist grundsätzlich für Volksentscheide. Jedoch müssen wir noch gründlich darüber nachdenken, wie und worüber wir abstimmen dürfen.“ Ganz entschieden lehnt Michael Grosse-Brömer (CDU) bundesweite Volksabstimmung ab. Er begründet seine Ablehnung so: „Die repräsentative Demokratie hat sich in den letzten 70 Jahren gut bewährt, das bestätigen in Umfragen auch 70 Prozent der Bevölkerung, nur sechs Prozent wünschen sich hier eine Änderung.“ Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion ist überzeugt davon, dass demokratisch legitimierte Entscheidungsträger den politischen Prozess gestalten sollten. Er befürchtet, dass bei einem Volksentscheid, über alle möglichen Themen abgestimmt wird, nicht aber über die eigentlich zur Abstimmung stehende Frage. Gäbe es Volksentscheide, sei das die Zeit der Demagogen, Grosse-Brömer verweist in diesem Zusammenhang auf den Brexit.

Tim Weber, Geschäftsführer von Mehr Demokratie e.V. fasst die Diskussion des gestrigen Abends so zusammen: "Bis auf die CDU sprechen sich alle Parteien in ihren Partei- oder Grundsatzprogrammen für die Einführung der bundesweiten Volksabstimmung aus. Auch 72 Prozent der Menschen sind dafür. Ich frage mich, warum die CDU um Vertrauen für sich wirbt, aber dieses Vertrauen den Bürgerinnen und Bürgern beim Ausbau der Mitbestimmungsrechte auf Bundesebene nicht schenkt." Innerhalb der Union war jüngst Bewegung zu verzeichnen: die CSU spricht sich in ihrem „Bayernplan“ für Volksabstimmungen auch über Änderungen des Grundgesetzes und europäische Fragen aus. Im vergangenen Herbst hatten sich die Mitglieder der CSU in einer Mitgliederbefragung mit deutlicher Mehrheit für bundesweite Volksabstimmungen ausgesprochen.

Bis einschließlich Samstag ist Mehr Demokratie noch mit einem 3 mal 4 Meter großen Riesenspiegel in Niedersachsen unterwegs, um für seine Forderung zu werben. Der Spiegel stelle die Frage ‚Wer bestimmt im ganzen Land?‘, die Antwort gebe das Spiegelbild“, so Mehr Demokratie e.V. So werden am Freitag und Samstag Bundestagskandidat/innen auf öffentlichen Plätzen in Peine und Cuxhaven „vor den Spiegel gebeten“, um die Frage der bundesweiten Volksabstimmung zu beantworten.

Die Spiegeltour durch Niedersachsen ist Teil einer bundesweiten Aktionstour von Mehr Demokratie. In der Phase der Koalitionsverhandlungen nach der Wahl am 24. September sollen weitere Aktionen folgen. „Wir wollen damit eine positive Aussage zur Einführung bundesweiter Volksentscheide im Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung erreichen“, erläutert Tim Weber das Ziel der Kampagne. Angesichts der breiten Zustimmung in fast allen Parteien stünden die Chancen dafür so gut wie nie.

Mehr Demokratie engagiert sich seit 1988 für bundesweite Volksabstimmungen. Durch Umfragen sieht sich der Verein in seiner Forderung bestätigt, die Bürgerinnen und Bürger auch zwischen den Wahlen direkt am politischen Geschehen zu beteiligen.

Zur Einführung von Volksabstimmungen im Bund ist eine Änderung des Grundgesetzes nötig. Dafür bedarf es im Bundestag und Bundesrat einer Zustimmung von zwei Dritteln aller Abgeordneten.