Demokratie-Test: "Mangelhaft" für Bremer Volksentscheide

Bremen. Mit einem "mangelhaft" (4,5) erreicht Bremen in der Gesamtwertung des ersten Volksentscheid-Rankings der Bürgeraktion Mehr Demokratie nur den elften Platz. In den meisten Bundesländern fallen die gesetzlichen Regelungen von direktdemokratischen Verfahren bürgerfreundlicher aus als in der Hansestadt.

 

Für das Ranking wurden die Gesetze für Volksentscheide in den 16 Bundesländern geprüft und verglichen. Die Volksgesetzgebung ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich gestaltet. So liegt beispielsweise das Zustimmungsquorum beim Volksentscheid über einfache Gesetze in Bremen bei 25 Prozent. In Bayern, Hessen und Sachsen gibt es überhaupt kein Quorum, wie bei Wahlen entscheidet hier die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Äußerst unterschiedlich gestaltet sich die Unterschriftenhürde beim Volksbegehren, die zum Beispiel in Hamburg bei fünf, in Bremen bei zehn Prozent liegt. Je niedriger die Hürden, desto häufiger bestimmen die Bürger mit.

 

Den ersten Platz beim Ranking belegt Bayern mit der Note "gut" (2,45), gefolgt von Hamburg mit einem "befriedigend" (2,55).

 

Hamburg weist mit niedrigen Unterschriftenhürden von zwei bis drei Prozent auf Bezirksebene bzw. fünf Prozent auf Landesebene und Elementen wie dem Versand eines Abstimmungsheftes, in dem die unterschiedlichen politischen Positionen vorgestellt werden, wesentlich bürgerfreundlichere Regelungen auf als Bremen. Seit Einführung des Volksentscheids auf Landesebene 1996 konnten die Hamburger bereits zweimal Sachfragen selbst entscheiden, und im nächsten Jahr stehen drei weitere Abstimmungen an: Über die Privatisierung städtischer Krankenhäuser, die Einführung eines neues Wahlrechts und die Zukunft der Kindertagesstätten. In den 56 Jahren seit Regelung der Volksgesetzgebung in Bremen hat hier keine einzige Volksabstimmung stattgefunden. Von elf Initiativen gelangte keine zur Abstimmung.

 

"In Anlehnung an die Absenkung der Quoren in Hamburg fordern wir auch für Bremen eine Unterschriftenhürde von fünf Prozent", so Heike Flenner von Mehr Demokratie. Ein weiteres Hindernis für Bremer Abstimmungsinitiativen ist der Ausschluss von finanzwirksamen Begehren. Dazu Flenner: "Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Feststellung des Sächsischen Verfassungsgerichts vom Juni 2002, dass auch finanzwirksame Volksbegehren zulässig sind."

 

Eine Befragung von Kandidaten zur Bürgerschaftswahl in diesem Frühjahr durch Mehr Demokratie kam zu dem Ergebnis, dass 95 Prozent der Befragten Volksentscheide als sinnvolle Ergänzung der parlamentarischen Demokratie ansehen. Zwei Drittel sprachen sich eindeutig für eine Absenkung der Unterschriftenhürde aus, weitere 64 Prozent für eine Aufhebung des Finanztabus. Flenner zeigt sich deshalb optimistisch: "Es gibt durchaus Befürworter von mehr Einflussmöglichkeiten der Bürger auf die Politik. Das Volksentscheids-Ranking sollte ein Anstoss sein, den Demokratiestandort Bremen auszubauen. Wir sind gespannt, welche der großen Parteien sich in Zukunft für eine praktikable Volksgesetzgebung einsetzen wird."

 

Weitere Informationen sind unter folgender Adresse abrufbar:

<link http: www.mehr-demokratie.de ranking.html>www.mehr-demokratie.de/ranking.html