Die deutliche Mehrheit reicht nicht

[23/09] Miserable Abstimmungsbedingungen bringen Ratsverkleinerung zu Fall

Bremen/Apen. Heute fand der dritte niedersächsische Bürgerentscheid des Jahres 2009 statt. Die Bürgerinnen und Bürger haben über eine Verkleinerung des Gemeinderates in Apen abgestimmt. 70,53 Prozent der Abstimmenden votierten im Sinne der Initiatoren für eine Reduzierung der Mandate ab der nächsten Legislaturperiode von derzeit 26 auf dann 20 Sitze (entspricht 962 Ja-Stimmen). Dagegen sprachen sich 29,47 Prozent aus (entspricht 402 Nein-Stimmen). Insgesamt beteiligten sich 15,29 Prozent der Abstimmungsberechtigten am ersten Bürgerentscheid der Gemeinde Apen.

 

Die Wählergruppe "Bürger für Bürger" hatte seit September 2008 die erforderliche Anzahl an Unterschriften für das Bürgerbegehren gesammelt. Sie begründet die angestrebte Verkleinerung vor allem mit der Kosteneinsparung. Und eine gute Ratsarbeit sei auch mit einem kleineren Rat möglich. SPD, CDU und FDP sprachen sich gegen eine Verkleinerung aus. Die Reduzierung um 6 Sitze in der laufenden Wahlperiode habe dazu geführt, dass einzelne Außenbereiche der Gemeinde nicht mehr vertreten waren. Dies widerspreche der gewünschten Vielfalt bei der Volksvertretung. Sie plädieren ab der nächsten Legislaturperiode für die ursprüngliche Anzahl von 26 Mandaten.

 

Die Mehrheit der Abstimmenden sieht das anders. Trotz einer Mehrheit an Ja-Stimmen ist der Bürgerentscheid ungültig. Wie das sein kann, zeigt ein Blick in die Niedersächsische Gemeindeordnung. Im Gegensatz zu Wahlen gilt bei Bürgerentscheiden nicht das einfache Prinzip „Die Mehrheit entscheidet“. Neben der Mehrheit an der Urne müssen für einen gültigen Bürgerentscheid mindestens 25 Prozent aller Stimmberechtigten mit „Ja“ gestimmt haben. In Apen machten 10,72 Prozent ihr Ja-Kreuz für eine Ratsverkleinerung. 1281 Stimmen zu wenig. Nach dem am Quorum gescheiterten Bürgerentscheid in Hameln handelt es sich bereits um das zweite niedersächsische „Quorumsopfer“ des Jahres 2009.

 

Mehr Demokratie lehnt Abstimmungsquoren bei Bürgerentscheiden ab, weil sie die Ergebnisse von Abstimmungen letztlich auf den Kopf stellen. „Eine Minderheit setzt sich gegen die Mehrheit durch, Enthaltungen werden als Nein-Stimmen gewertet. Es ist völlig unverständlich, warum bei einzelnen Sachfragen höhere Anforderungen gelten als bei Wahlen“, kritisiert Tim Weber, Sprecher des Landesverbands. Angesichts dieser hohen Quoren seien gute Abstimmungsbedingungen besonders wichtig. In diesem Zusammenhang kritisiert der Verein, dass in Apen „alles falsch gemacht wurde, was falsch gemacht werden kann: weniger Abstimmungslokale, keine Benachrichtigung und keine Möglichkeit der Briefabstimmung. Auf diese Idee würde bei einer Wahl niemand kommen“, ärgert sich Weber. „Kein Wunder, dass die Beteiligung so gering ausgefallen ist. Menschen, die am Sonntag arbeiten mußten oder anderweitig verhindert waren, haben in Apen keine Möglichkeit gehabt, an der Abstimmung teilzunehmen.“, so Weber weiter.

 

Hinzu komme, dass die Gemeinde als Abstimmungstermin den Tag der Europawahl abgelehnt hatte. „Eine Zusammenlegung hätte nicht nur Kosten gespart, sondern auch die Beteiligung am Bürgerentscheid erhöht“, sagt Weber. Faire Abstimmungsbedingungen und ein respektvoller Umgang mit Bürgerbegehren sind der Schlüssel für das Funktionieren der Direkten Demokratie. „Das wissen auch die Gemeinden. Richtet sich das Anliegen einer Abstimmung mal gegen den Rat, werden die fairen Spielregeln häufig missachtet. Aus Sicht der Bürger ist solch ein Verhalten unerträglich und für den Zustand unserer Demokratie nicht gerade förderlich“, so Weber.