Direkte Demokratie in Niedersachsen schneidet wieder schlecht ab

[54/09] Erste landkreisweite Bürgerentscheide – viele Bürgerbegehren zu Fusionsprojekten

Bremen. Die schlechte Bilanz für direkte Demokratie in Niedersachsen bestätigt sich auch für das Jahr 2009. Dies geht aus dem Niedersächsischen Bürgerbegehrens- und Bürgerentscheidsbericht von Mehr Demokratie hervor. Die Anzahl der laufenden Verfahren verharrt mit 14 neu gestarteten Bürgerbegehren und 8 Bürgerentscheiden auf niedrigem Niveau. Insgesamt fanden in den 13 Praxisjahren 198 Bürgerbegehren und 67 Bürgerentscheide statt. In einem vergleichbaren Zeitraum gab es in Bayern 1472 Bürgerbegehren und 968 Bürgerentscheide. „Direkte Demokratie in Niedersachsen spielt in der Praxis so gut wie keine Rolle. Immer mehr Bundesländer werden Niedersachsen aufgrund besserer Regelungen überholen“, kritisiert Tim Weber, Sprecher von Mehr Demokratie.

 

Als besorgniserregend bezeichnet Mehr Demokratie zum wiederholten Male die Anzahl der unzulässigen Bürgerbegehren. 2007 wies Niedersachsen im bundesweiten Vergleich den drittschlechtesten Wert auf. Mit einer weiter gestiegenen Unzulässigkeitsquote von 45,5 Prozent wird dieser Trend im Jahre 2009 bestätigt. Ein weiteres Problem ist die relativ hohe Anzahl der „unecht gescheiterten“ Bürgerentscheide. Als unecht gescheitert gilt ein Bürgerentscheid, bei dem zwar eine Mehrheit der Abstimmenden mit Ja stimmt, bei dem aber die zweite Erfolgsbedingung nicht erfüllt wird. Demnach muss mindestens ein Viertel aller Stimmberechtigten der Vorlage zustimmen. Im Jahre 2009 scheiterten auf diese Weise 3 von 8 Bürgerentscheiden.

 

Ein thematischer Schwerpunkt waren Bürgerbegehren zu Gemeinde-Fusionsplänen. 2009 wurden vier Bürgerbegehren zu diesem Thema neu eingeleitet (Bleckede, Amt Neuhaus, Lauenförde, Bramstedt), in zwei Gemeinden fand ein Bürgerentscheid über die Fusionspläne statt (Bevern, Lauenförde). Erstmals seit Einführung des Instruments im Jahre 1996 wurden zwei landkreisweite Bürgerbegehren für zulässig erklärt und kamen zur Abstimmung (Rotenburg, Holzminden).

 

An den beschriebenen Problemen der niedersächsischen Regelung wird auch die im Mai 2009 erlassene Reform des Innenministeriums wenig ändern. Demnach können die Vertreter von Bürgerbegehren eine Vorprüfung durch den Verwaltungsausschuss beantragen. Dies wird zu einem früheren „Nein“, aber nicht zu einer signifikant höheren Anzahl an Bürgerbegehren führen. „Die Reform geht am eigentlichen Problem vorbei. Denn nach wie vor verhindern zu hohe Quoren und der Ausschluss vieler Themen die wirksame Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger“, so Weber abschließend.