Hamburg wird Transparenz-Hauptstadt – Niedersachsen ist Schlusslicht

[07/12] Mehr Demokratie fordert Transparenzgesetz für Niedersachsen

Während Hamburg heute zur Transparenzhauptstadt wird, gerät Niedersachsen nun noch deutlicher als bisher ins Hintertreffen. Ausgelöst durch die Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“ bekommt Hamburg ein deutschlandweit bislang einmaliges Transparenzgesetz. Künftig müssen Politik und Verwaltung in der Hansestadt über ein Informationsregister Dokumente von öffentlichem Interesse unaufgefordert und kostenfrei im Internet zugänglich machen. Aus einem Informationsrecht der Bevölkerung wird eine Informationspflicht der Behörden. Heute, 13. Juni, soll das Gesetz von der Hamburger Bürgerschaft mit Zustimmung aller Fraktionen beschlossen werden. Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie Bremen/Niedersachsen, kommentiert diese Nachricht mit Blick auf Niedersachsen so: „Niedersachsen klebte ohne Informationsfreiheitsgesetz bisher schon am Ende des Feldes. Nun wird es sogar überrundet“. Hamburg gehe mit dem Transparenzgesetz nun schon den zweiten großen Schritt, während Niedersachsen noch nicht einmal den ersten Schritt gewagt habe. Dies müsse sich nun ändern.

 

Mehr Demokratie fordert den Landtag auf, sich die Hamburger Regelung, die weit über bisherige Informationsfreiheitsgesetze hinausgeht, zum Vorbild zu nehmen und ein niedersächsisches Transparenzgesetz zu beschließen. Es gebe in elf Bundesländern mehr oder weniger bürgerfreundlich ausgestaltete Informationsfreiheitsgesetze; in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Sachsen und eben in Niedersachsen nicht einmal das. So haben Interessierte in den Bundesländern mit Informationsfreiheitsgesetz, beispielsweise in Bremen, immerhin die Möglichkeit, teilweise gebührenpflichtige Anträge zu stellen, um Einblick in Beschlüsse, Gutachten, Genehmigungen und andere öffentliche Dokumente zu erhalten. In Niedersachsen sei nicht einmal das möglich. Die Hamburger Regelung gehe hingegen weiter als die Informationsfreiheitsgesetze: „In Hamburg wird diese Holschuld der Bürgerinnen und Bürger umgekehrt in eine Bringschuld der Verwaltung“, erklärt Tim Weber den Unterschied zwischen Hamburg und dem Rest der Republik.

 

Viele Daten und Dokumente werden mit dem neuen Gesetz nicht mehr nur auf Antrag zugänglich, sondern frei im Internet verfügbar sein. Zu den Informationen, die dort von Amts wegen veröffentlicht werden müssen, zählen Senatsbeschlüsse, Gutachten, öffentliche Pläne, Geodaten, Subventionsvergaben und Bau- bzw. Abrissgenehmigungen. Veröffentlichungspflichtig sind auch alle Verträge über 100.000 Euro, die im weitesten Sinne die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen. Wesentliche Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen inklusive der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen der Leitungsebene sind ebenfalls zu veröffentlichen. Personenbezogene Daten sowie juristisch klar definierte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bleiben aber geschützt.

 

Der heute in der Hamburger Bürgerschaft zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf war in weiten Teilen in einer Gemeinschaftsarbeit von Bürgerinnen und Bürgern im Internet (Wiki) sowie in Bündnistreffen erarbeitet worden. Im Dezember vergangenen Jahres hatte ein Transparenzbündnis aus Mehr Demokratie, Transparency, CCC, Piratenpartei, ödp, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, attac und Omnibus für direkte Demokratie 15.119 Unterschriften eingereicht, die innerhalb von sechs Wochen gesammelt wurden. Ein für den Sommer geplantes Volksbegehren entfällt nun.