Hameln: Überdeutliche Mehrheit reicht nicht

[18/09] Bürgerentscheid ist erstes Quorumsopfer 2009

Bremen/Hameln. Heute fand der zweite niedersächsische Bürgerentscheid des Jahres 2009 statt. Die Bürgerinnen und Bürger haben über die Neugestaltung der Fußgängerzone in Hameln abgestimmt. 81,2 Prozent der Abstimmenden votierten im Sinne der Initiatoren für die Beibehaltung der Fußgängerzone in ihrer jetzigen Form. Eine Mehrheit hat sich damit gegen die Pläne der Stadt zur Neugestaltung ausgesprochen (entspricht 11.316 Ja-Stimmen). Dagegen sprachen sich 18,7 Prozent aus (entspricht 2604 Nein-Stimmen). Insgesamt beteiligten sich 29,73 Prozent der Wahlberechtigten am ersten Bürgerentscheid der Stadt Hameln.

 

Trotz der sehr deutlichen Mehrheit der Ja-Stimmen ist der Bürgerentscheid ungültig. Im Gegensatz zu Wahlen gilt bei Bürgerentscheiden nicht das einfache Prinzip „Die Mehrheit entscheidet“. Neben der Mehrheit an der Urne müssen für einen gültigen Bürgerentscheid mindestens 25 Prozent aller Stimmberechtigten mit „Ja“ gestimmt haben. In Hameln machten 24,12 Prozent ihr Ja-Kreuz für die Beibehaltung der Fußgängerzone in ihrer jetzigen Form. 413 Stimmen zu wenig. Bereits 2008 war ein Bürgerentscheid in Holzminden trotz überdeutlicher Mehrheit in der Abstimmung nicht umgesetzt worden, weil das Quorum verfehlt wurde.

 

Mehr Demokratie lehnt Abstimmungsquoren bei Bürgerentscheiden ab, weil sie die Ergebnisse von Abstimmungen letztlich auf den Kopf stellen. „Eine Minderheit setzt sich gegen die Mehrheit durch, Enthaltungen werden als Nein-Stimmen gewertet. Es ist völlig unverständlich, warum bei einzelnen Sachfragen höhere Anforderungen gelten als bei Wahlen“, so Dirk Schumacher vom Verein Mehr Demokratie. Angesichts dieser hohen Quoren seien gute Abstimmungsbedingungen besonders wichtig. Zwar habe die Stadt insgesamt eine gute Informationspolitik betrieben. Gleichzeitig kritisiert der Verein, dass in Hameln nicht alle Möglichkeiten genutzt wurden, um eine hohe Beteiligung zu fördern. „Weniger Abstimmungslokale und verkürzte Öffnungszeiten. Auf diese Idee würde bei einer Wahl niemand kommen“, ärgert sich Schumacher.

 

Gerade in größeren Städten erweist sich ein 25-Prozent-Zustimmungsquorum als viel zu hoch... (s. auch Beispiel Holzminden). Mehr Demokratie plädiert dafür, das Quorum wie in sechs anderen Ländern zu senken. In Berlin, Hamburg, NRW, Schleswig-Holstein, Bayern und Thüringen wäre das Ergebnis des heutigen Bürgerentscheides gültig gewesen. Dort gelten niedrigere Quoren und in der Regel auch bessere Abstimmungsbedingungen.

 

In der Pressemitteilung der Stadt Hameln heisst es, dass der Weg für eine Sanierung der Fussgängerzone nun frei sei. Mehr Demokratie fordert die Stadt Hameln auf, den Willen der Bürgerinnen und Bürger zu respektieren und auf die Sanierung zu verzichten. In Hameln sei die Abstimmungsbeteiligung zudem noch recht hoch gewesen. „Die Sanierung wäre ein Schlag ins Gesicht der Hamelner Bürgerinnen und Bürger“, so Dirk Schumacher von Mehr Demokratie e.V.