Mehr Demokratie kritisiert Bürgerentscheids-Termin in Lindern

[22/13] Verwaltung verschenkt hohe Beteiligung

In Lindern (Landkreis Cloppenburg) werden ab heute die Abstimmungsbenachrichtigungen für den Bürgerentscheid am 25. August verschickt. Die Abstimmung über den Um- und Rückbau der Lastruper Straße im Ortskern der Gemeinde findet, obwohl dies rechtlich möglich gewesen wäre, nicht parallel zur Bundestagswahl am 22. September statt. Der Verein Mehr Demokratie kritisiert die Wahl des Termins und begründet seine Kritik damit, dass bei einer Abstimmung am 22. September eine deutlich höhere Beteiligung zu erwarten gewesen wäre. „In Lindern wird ohne Not die Chance auf eine hohe Beteiligung vertan“ erklärt Dirk Schumacher, Pressesprecher von Mehr Demokratie in Bremen und Niedersachsen. Schumacher fordert die Gemeinde auf, die Notbremse zu ziehen: „Stoppen Sie die Vorbereitungen und verlegen Sie den Bürgerentscheid auf den 22. September“. Die Abstimmungsbeteiligung bei Bürgerentscheiden sei regelmäßig höher, wenn Bürgerentscheide und Wahlen parallel stattfinden. Auch die Chance, dass die Mindestzustimmung von 25 Prozent aller Stimmberechtigen erreicht werde, sei dann größer. Mehr Demokratie ist allerdings zuversichtlich, dass diese unnötige Zusatzhürde in Lindern übersprungen werde.

Mehr Demokratie verweist auf den Bürgerentscheid in Bad Nenndorf, der am 22. September stattfindet, sowie auf Bürgerentscheide in Buchholz und Steimbke, die am Tag der Landtagswahl stattgefunden haben. Auch beim Bürgerbegehren in Emstek (Landkreis Cloppenburg) werde über einen Bürgerentscheid am 22. September diskutiert. Die Gemeinde Lindern begründete laut Pressemitteilung vom 26. Juli die Wahl des Abstimmungstermins damit, dass zügig mit dem Umbau der Straße begonnen werden könne, sollte das Bürgerbegehren in der Abstimmung keine Mehrheit erhalten. Außerdem sei dem Wunsch des Arbeitskreises Dorferneuerung Rechnung getragen worden, möglichst schnell abzustimmen. „Die Pressemitteilung ist entlarvend, hier wird offen mit dem Scheitern des Bürgerbegehrens spekuliert“ kritisiert Schumacher. „Es ist unverständlich, dass dem Wunsch des Arbeitskreises Dorferneuerung bei der Terminwahl Rechnung getragen wurde, dem Wunsch der Bürgerbegehrens-Vertreter nach einer hohen Abstimmungsbeteiligung aber nicht“ so Schumacher weiter.

In Verbindung mit dem Wunsch nach einer schnellen Abstimmung verweist die Gemeinde Lindern auch auf einen seit dem 1. Juli gültigen Erlass des Innenministers, der die gemeinsame Durchführung von Wahlen, Direktwahlen und Bürgerentscheiden regele. Dieser Erlass verhindere durch seine Auflagen Kostenersparnisse bei einer parallelen Abstimmung am 22. September, so die Gemeinde Lindern. Dieses Argument verwirft Mehr Demokratie. Der Erlass regele ausdrücklich, dass Bürgerentscheide parallel zu Wahlen stattfinden können. So seien gemeinsame Wahlvorstände möglich, auch die Benachrichtigung für Bürgerentscheid und Bundestagswahl könne zusammengefasst werden. Der Erlass sei begrüßenswert, weil er jahrelange Rechtsunsicherheiten bei der gemeinsamen Durchführung von Bürgerentscheiden und Wahlen beseitige, werde aber hier missverstanden.

Mehr Demokratie ist ein überparteilicher, gemeinnütziger Verein, der sich 1988 mit dem Ziel gründete, die Möglichkeiten direkter Mitbestimmung für Bürgerinnen und Bürger zu fördern und auszubauen. Er wird von über 7.000 Mitgliedern und Förderern unterstützt. Mehr Demokratie finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden und erhält keine staatlichen Gelder. Der Verein berät Bürgerbegehren und Volksbegehren und wertet die Praxis der direkten Demokratie wissenschaftlich aus. Als Sachverständige begleiten Mitarbeiter des Vereins Reformen der direkten Demokratie und erstellen Gesetzentwürfe. Um mehr Demokratie durchzusetzen, entwickelt der Verein Kampagnen und initiiert selbst Volksbegehren – häufig in großen Bündnissen gemeinsam mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen, Organisationen oder Parteien. Ziel dabei sei immer der Ausbau von Mitbestimmungsrechten, so Mehr Demokratie.