Mehr Demokratie ruft zur Teilnahme am Bürgerentscheid auf:

[22/09] Jahrhundertereignis in Apen

Bremen/Apen. Am kommenden Sonntag findet der erste Bürgerentscheid der Gemeinde Apen statt. Mehr Demokratie ruft alle Stimmberechtigten zur Teilnahme auf und erinnert an die hohen Hürden für einen gültigen Bürgerentscheid. Demnach reiche keine einfache Mehrheit der Abstimmenden, sondern zusätzlich müssen 25 Prozent aller Stimmberechtigten mit "Ja" stimmen. Angesichts hoher Hürden seien eine gute Informationspolitik und faire Abstimmungsbedingungen "unverzichtbar", erklärt Tim Weber, Sprecher des Mehr Demokratie-Landesverbandes Bremen-Niedersachsen. "In Apen wird all dies ignoriert", so Weber weiter. Zur Abstimmung steht die Frage, ob der Gemeinderat ab der nächsten Legislaturperiode um 6 Sitze verkleinert werden soll.

 

Die Wählergruppe "Bürger für Bürger" begründet die angestrebte Verkleinerung vor allem mit der Kosteneinsparung. Die Ratsarbeit sei auch mit einem kleineren Rat möglich. SPD, CDU und FDP sprechen sich gegen eine Verkleinerung aus. Die Reduzierung von 26 auf 20 Sitze in der laufenden Wahlperiode habe dazu geführt, dass einzelne Außenbereiche der Gemeinde nicht mehr vertreten waren. Dies widerspreche der gewünschten Vielfalt bei der Volksvertretung. Sie plädieren ab der nächsten Legislaturperiode für die ursprüngliche Anzahl von 26 Mandaten.

 

In den vergangenen Tagen führten einige Äußerungen aus dem Gemeinderat zu Irritationen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Behauptung von SPD und CDU, die Verkleinerung des Rates sei "nur in Ausnahmefällen" zulässig, sorgte für Verunsicherung. "Das Bürgerbegehren wurde vom Verwaltungsausschuss für zulässig erklärt, der Bürgerentscheid ist damit rechtens", stellt Tim Weber klar. Ob der Rat verkleinert werden solle oder nicht, sei Sache der Bürgerinnen und Bürger. "Lassen Sie sich nicht verunsichern, gehen Sie bitte zur Abstimmung, schließlich ist ein Bürgerentscheid ein Jahrhundertereignis in Niedersachsen", so Weber weiter. Denn in Niedersachsen finde in jeder Gemeinde statistisch gesehen nur etwa alle 240 Jahre ein Bürgerentscheid statt.

 

Wie einem Zeitungsbericht zu entnehmen war, unterstellt Ratsherr Herrmann Tammen dem Verein Mehr Demokratie, das Anliegen der Initiative zu unterstützen und damit "Demokratieabbau" zu betreiben (Nordwest-Zeitung, 8.5.09). "Völliger Unsinn", kontert Tim Weber. "Wir sind in der Sache völlig neutral. Uns ist nur wichtig, dass am Ende ein gültiger Bürgerentscheid herauskommt. Ansonsten ist Frust vorprogrammiert und damit tut man der Demokratie keinen Gefallen", so Weber.

 

Äußerungen des Bürgermeisters, man habe sich an den Abstimmungsbedingungen in Wiefelstede orientiert, sind nach Ansicht von Weber Augenwischerei: "Der Bürgerentscheid fand damals zusammen mit der Landtagswahl statt, da fallen die fehlende Briefabstimmungsmöglichkeit und die fehlende Benachrichtigung nicht so schwer ins Gewicht, weil mit der Beteiligung an Wahlen auch die an Bürgerentscheiden steigt".

 

Auch die Behauptung des Bürgermeisters, der Termin sei nicht vermeidbar gewesen, ist nicht haltbar: die Zusammenlegung mit der Europawahl wäre möglich gewesen, wie der Blick in andere Bundesländer beweist: nach aktuellem Stand sind bundesweit 12 Bürgerentscheide für diesen Tag angesetzt, darunter auch zwei Abstimmungen in Niedersachsen.

 

Bürgerfreundliche Bedingungen wie Möglichkeit der Briefabstimmung, Verschickung einer Benachrichtigungskarte, ein Abstimmungsheft vor dem Bürgerentscheid sowie die übliche Anzahl an Abstimmungslokalen sind eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren des Instrumentes. "Der faire

Umgang mit direkter Demokratie ist eine Frage der politischen Kultur", sagt Weber. Trotz der vielen "Stolpersteine" hofft der Verein auf ein reges Interesse am ersten Bürgerentscheid der Gemeinde. "Die Menschen sollten die einmalige Gelegenheit nutzen und am Sonntag ihre Stimme abgeben. Sie können die Frage der Ratsverkleinerung damit selbst entscheiden", so Weber abschließend.