Mehr Demokratie stellt erstes Wahlrechtsranking vor – Verein kritisiert Pseudo-Einfluss in Niedersachsen

[08/11] Niedersachsen nur im Mittelfeld – Potential nach oben vorhanden

Bremen.

Der Verein Mehr Demokratie hat heute das erste bundesweite Wahlrechts-Ranking vorgestellt. Niedersachsen belegte in dem Ranking den neunten Platz. Zu den Spitzenreitern gehören die Stadtstaaten Bremen und Hamburg, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. In dem Ranking wurden die Kommunalwahlrechte der einzelnen Bundesländer miteinander verglichen. Das Kommunalwahlrecht wurde daraufhin untersucht, welches der existierenden Wahlrechte den Bürgerinnen und Bürgern die meisten Einflussmöglichkeiten bietet.

 

Positiv am niedersächsischen Kommunalwahlrecht ist laut Wahlrechts-Ranking, dass die Wählerinnen und Wähler drei Stimmen haben, die sie frei auf Kandidaten und Listen verteilen können. Auch das Wahlalter 16 Jahre, die Direktwahl des Bürgermeisters, das Fehlen einer Prozent-Hürde, die überschaubare Stimmenzahl, das Fehlen von Einschränkungen bei der Stimmenvergabe und die niedrigen Kandidaturanforderungen könne Niedersachsen auf der Habenseite verbuchen. Auch der Stimmzettel habe in Niedersachsen eine akzeptable Größe.

 

Negativ ins Gewicht fällt in Niedersachsen vor allem das Fehlen der Stichwahl, die lange Amtsdauer der Bürgermeister und die fehlende Abwahlmöglichkeit per Bürgerbegehren. Beim Wahlrecht zum Rat bemängelt der Verein, dass die Personenwahl zwar möglich sei, vor allem in größeren Gemeinden aber so gut wie kein Einfluss der Personenstimmen feststellbar sei. Mit Verweis auf Bremen und Hamburg fordert Mehr Demokratie hier Reformen ein. Das Wahlrecht der beiden Stadtstaaten ähnele grundsätzlich dem niedersächsischen Wahlrecht, die Personenstimmen werden dort aber so ausgezählt, dass sie deutlich größere Mandatsrelevanz haben.

 

Tim Weber, Landegeschäftsführer von Mehr Demokratie Bremen/Niedersachsen kommentiert das Ergebnis Niedersachsens so: „Niedersachsens Wahlrecht täuscht mehr Einfluss vor als es wirklich zulässt. Beim Wahlrecht zum Rat könnte sich Niedersachsen etwas von den Stadtstaaten Bremen und Hamburg abgucken. Dann hätten die Wählerinnen und Wähler deutlich mehr Einfluss auf die Zusammensetzung der Räte. Die Abschaffung der Stichwahl bei den Bürgermeisterwahlen und die lange Wahlperiode verschlechtert Niedersachsens Platzierung zusätzlich.“

 

Mehr Demokratie hat unterschiedlich stark gewichtete Kriterien aufgestellt, mit deren Hilfe beurteilt wird, ob ein Wahlrecht gut ist oder nicht. So hat die Möglichkeit, nicht nur Parteilisten sondern auch Personen wählen zu können großen Einfluss auf die Gesamtplatzierung im Wahlrechts-Ranking. Gleiches gilt für die Einfachheit des Wahlvorgangs und die Mandatsrelevanz der Wählerstimmen. Ein mittleres Gewicht bei der Beurteilung eines Wahlgesetzes bekamen u.a. die Höhe des Wahlalters, das gewählte Sitzzuteilungsverfahren, die Länge der Wahlperioden von Rat und Bürgermeister, die Direktwahl des Bürgermeisters und eine vorhandene Stichwahlmöglichkeit zugesprochen. Geringes Gewicht hatten z.B. die Prozent-Hürde und die Dauer der Auszählung.

 

Mehr Demokratie veröffentlicht regelmäßig Berichte und Rankings zu Demokratiefragen. Jährlich wird ein Volksbegehrensbericht vorgelegt. Volksentscheids-Rankings wurden bereits dreimal veröffentlicht und auch einen Bürgerbegehrens-Bericht gibt es.

 

Das Wahlrechts-Ranking im Internet:

www.mehr-demokratie.de/ranking-wahlrecht.html