Niedersachsen: Landtag debattiert über Stichwahl

[11/13] Mehr Demokratie: Integrierte Stichwahl ist bessere Lösung

Der niedersächsische Landtag hat am Donnerstagmittag über die Wiedereinführung der Stichwahl für Bürgermeister- und Landratswahlen in erster Lesung beraten. Dies teilt die Initiative Mehr Demokratie mit. Der von SPD und Grünen eingebrachte Gesetzesentwurf wurde in den zuständigen Innenausschuss überwiesen. Die Stichwahl war 2010 von CDU und FDP abgeschafft worden. Werde das Gesetz auch in zweiter Lesung beschlossen, gelte für alle Wahlen ab dem 22. September, so Mehr Demokratie, folgende Regelung: Wenn im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erhält, gibt es nach 14 Tagen eine Stichwahl mit den beiden bestplatzierten Kandidaten. Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie in Bremen und Niedersachsen, kommentiert den heutigen Landtagsbeschluss so: „Gut, dass Rot-Grün das von Schwarz-Gelb geschaffene Demokratiedefizit beheben will. Die Einführung der integrierten Stichwahl wäre aber die deutlich bessere Lösung. Schade, wir hätten uns von SPD und Grünen mehr Innovationsfreude gewünscht.“

Das Modell der von Mehr Demokratie vorgeschlagenen integrierten Stichwahl biete gegenüber der heute im Landtag beratenen klassischen Stichwahl den Vorteil, dass auf einen zweiten Wahlgang verzichtet werden könne. Bei der integrierten Stichwahl kennzeichnen die Wählerinnen und Wähler auf dem Stimmzettel die Kandidaten in der Reihenfolge ihrer persönlichen Präferenzen mit aufsteigenden Zahlen. Bei der Auszählung werden zunächst nur die Erstpräferenzen der Wähler berücksichtigt. Erreicht hierbei kein Kandidat die absolute Mehrheit, kann mit Hilfe der nachfolgenden Präferenzen ermittelt werden, wie die Wähler sich bei einer Stichwahl entscheiden würden, ohne dass ein zweiter Wahlgang stattfinden muss. Bürgermeister und Landräte können so in einem einzigen Wahlgang ermittelt werden, gleichzeitig ist die demokratische Legitimation gesichert. Das Verfahren habe sich in Ländern wie Australien oder Irland bewährt, wo die Parlaments- bzw. Präsidentenwahlen nach diesem Modell stattfinden. Für Niedersachsen schlägt Tim Weber nach der heutigen Landtagssitzung die Erweiterung des Wahlgesetzes um eine Experimentierklausel vor: „Die Kommunen sollten in ihrer Hauptsatzung selbst festlegen können, ob sie das Modell der integrierten Stichwahl ausprobieren wollen.“

Mehr Demokratie begrüßt die Wiedereinführung der Stichwahl in Niedersachsen deshalb, weil durch den Wegfall der Stichwahl auch Bewerber, die nur 30 Prozent der Stimmen erhielten, die Möglichkeit hatten, für acht Jahre zum Bürgermeister gewählt zu werden. Dies sei nicht akzeptabel gewesen, weil dadurch Zufallsmehrheiten und Minderheiten-Bürgermeister ermöglicht worden seien. Niedersachsen wäre das dritte Bundesland, in dem die Stichwahl zunächst abgeschafft und dann nach kurzer Zeit wieder eingeführt wurde: in Thüringen und Nordrhein-Westfalen war dies ebenfalls der Fall. Außer in den Stadtstaaten, wo die Bürgermeister nicht direkt gewählt werden, sieht das Kommunalwahlrecht dann in allen Bundesländern bei den Direktwahlen bis zu zwei Wahlgänge vor.