Niedersachsen: Mehr Demokratie nimmt Stellung zum Hesse-Gutachten

[13/13] Landkreis-Fusionen nur mit den Bürgern

Der Fachverband Mehr Demokratie e.V. fordert vor dem Hintergrund des jüngst vorgelegten „Hesse-Gutachtens“ zu den Landkreis-Strukturen in Niedersachsen eine umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger für den Fall von Gebietsreformen. Das vom Berliner Staatswissenschaftler Joachim Jens Hesse vorgelegte Gutachten hatte weitreichende Vorschläge für Landkreis-Fusionen gemacht, die aktuell im ganzen Land diskutiert werden. Mehr Demokratie verweist auf bisherige Erfahrungen bei Gebietsreformen. So hätten die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Osterode eine geplante Fusion in einem Bürgerentscheid mit zwei Nachbarlandkreisen mehrheitlich abgelehnt. Auch bei einer Reihe weiterer Fusionsplanungen kam es zu Bürgerbegehren und Bürgerbefragungen. Dies belege den Bedarf der Bürgerinnen und Bürger, in so wichtigen Fragen mitzuentscheiden. Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie in Bremen und Niedersachsen kritisiert das Hesse-Gutachten: „Reißbrett-Gutachten gehen in der Regel an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Stattdessen müssen die Akteure vor Ort mit den Bürgern zusammen handeln.“ Neben einer umfassenden Bürgerbeteiligung im Vorfeld fordert Mehr Demokratie obligatorische Bürgerentscheide für den Fall von Gemeinde- oder Landkreisfusionen.

Dem "Hesse-Gutachten" zufolge gab es seit 2009 22 Gemeinde-Fusionen. Dabei handelte es sich um die Umwandlung von Samtgemeinden in Einheitsgemeinden oder den Zusammenschluss mehrerer Einheitsgemeinden. Eine Landkreisfusion ist bisher nur im Fall von Göttingen und Osterode von den Kreistagen beschlossen worden. Seit Einführung der „Hochzeitsprämie“ genannten Zuschüsse für fusionswillige Kommunen hat Mehr Demokratie elf Bürgerbegehren und drei Bürgerentscheide zum Thema Gebietsreform gezählt. Darüber hinaus gab es von den Räten selbst beschlossene Bürgerbefragungen, so in Bad Fallingbostel, Walsrode und Bomlitz sowie in Bleckede, Amt Neuhaus und Dahlenburg. Hier führten die Befragungen dazu, dass die Fusionen nicht weiterverfolgt wurden. Weber unterstreicht die Forderung nach Bürgerbeteiligung und obligatorischen Bürgerentscheiden: „Die Menschen wollen keine fertigen Lösungen vorgesetzt bekommen, die ihnen dann womöglich als alternativlos hingestellt werden. Die Gebietsreform der 70er Jahre lässt grüßen“.

Das „Hesse-Gutachten“ empfiehlt die Prüfung einer weitreichenden Überarbeitung der Landkreis-Strukturen in Niedersachsen. So soll es nach einem der von Hesse vorgeschlagenen Modelle zukünftig nur noch 18 Landkreise und 4 kreisfreie Städte geben, zur Zeit gibt es in Niedersachsen 38 Landkreise und acht kreisfreie Städte. Vor der Gebietsreform der 70er Jahre gab es in Niedersachsen 60 Landkreise und 15 kreisfreie Städte.