Osnabrück: Fakten zum Rad-Bürgerbegehren

[PM 23/21] Erstes Bürgerbegehren nach neuem Landesrecht. Bisher scheiterte kein einziger von bundesweit über 50 Rad-Bürgerbegehren an mangelnder Unterstützung seitens der Bevölkerung.

Landesweit erstes Bürgerbegehren nach neuen Regeln

Beim Osnabrücker Radentscheid handelt es sich um das erste Bürgerbegehren nach neuem Recht. Das heißt insbesondere: Die Initiatorinnen und Initiatoren müssen eine Kostenschätzung der Verwaltung mit kommunizieren. „Wir hoffen, dass die Verwaltung die Kosten zügig schätzen wird. Leider können wir nur hoffen, denn der Gesetzgeber setzt keine verbindlichen Fristen“, so Schumacher, niedersäschsischer Landesprecher des Vereins Mehr Demokratie e.V. Diese Regulierungslücke könnte auch als Bremspedal genutzt werden für unliebsame Bürgerbegehren, fürchtet der Demokratie-Aktivist. In Osnabrück rechne er aber nicht damit.

Der niedersächsische Landtag hatte mit Wirkung zum 1. November das Kommunalverfassungsgesetz reformiert. Neben dem Kostenschätzungszwang etablierten die Regierungsfraktionen SPD und CDU auch einen weiteren Themenausschluss. So sind nun insbesondere Bürgerbegehren mehr über Bau oder Stilllegung von Krankenhäusern verboten.

 

Ein Boom von Radentscheid-Bürgerbegehren

Bundesweit ist ein gewisser Boom von kommunalen Bürger- und auch landesweiten Volksbegehren für eine radfreundlichere Verkehrspolitik zu verzeichnen, über wurden 50 alleine in den letzten fünf Jahren gestartet. Regionale Schwerpunkte sind bisher Bayern und NRW.

„Radentscheide wenden sich mittels der direkten Demokratie an Kommunen und Länder, um Verbesserungen bei der Sicherheit und Attraktivität von Radverkehr herbeizuführen“, fasst das Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) den Trend zusammen. Unter dem Strich unterstützten bisher laut Mehr Demokratie über eine Million Bürgerinnen und Bürger einen Radbegehren. Kein einziges Bürgerbegehren scheiterte bisher an zu wenigen Unterstützer-Unterschrifen.

Oft sind die Initiativen politisch erfolgreich – und sei es, weil die Unterschriftensammlung den Weg zu Verhandlungen mit der Politik vor Ort eröffnet. Oft Vorbild: Das Volksbegehren Fahrrad im Land Berlin, für das vor drei Jahren über 100.000 Unterschriften gesammelt wurden. Nach Verhandlungen gab das Land sich kurz darauf ein Mobilitätsgesetz, das viele der Forderungen verwirklichte.

In Niedersachsen wurden entsprechende Initiativen in Braunschweig und Lüneburg gestartet. In Braunschweig beschloss der Stadtrat im Juli 2020 ein Maßnahmenpaket, das die wesentlichen Ziele des Radentscheid-Bürgerbegehrens übernimmt. In Lüneburg wird die Radentscheids-Initiative zwei Tage vor Heiligabend 7.000 Unterschriften übergeben. „Es wird dort wohl tatsächlich zu einem Bürgerentscheid kommen“, ist sich Schumacher sicher.

 

Osnabrück: Bisher 80 Prozent aller Bürgerbegehren unzulässig

Bisher gab es erst einen Bürgerentscheid in der Hase-Stadt. 2018 stimmten die Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich für die Errichtung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft.

Alle anderen Bürgerbegehren scheiterten: 2002 wurde ein Bürgerbegehren gegen die Privatisierung des des städtischen Wohnungs-Unternehmens OWG nicht eingereicht, weil die Stadt vorher Fakten geschafft hatte. Während der Unterschriftensammlung verkaufte sie das Unternehmen.

Gleich vier Bürgerbegehren wurden in Osnabrück für unzulässig erklärt. Dabei ging es 1999 gegen die Baumschutzsatzung, 2005 für Ortsräte und 2007 für eine Bundesgartenschau in Osnabrück, 2018 für den Erhalt eines alten Baumbestandes am Dominikanerkloster. „Allesamt unzulässig. Das entspricht einer Quote von zwei Dritteln  – selbst für niedersächsische Verhältnisse eine enorm hohe Zahl“, so Schumacher.