Thüringen überholt Niedersachsen bei Bürgerbegehrensregelung

[15/09] Niedersachsen nur noch auf Platz 9

Bremen.

Der Thüringer Landtag hat am heutigen Freitag (3. April) den Gesetzentwurf des Volksbegehrens "Mehr Demokratie in Thüringer Kommunen" mit großer Mehrheit beschlossen. Der Landtag hat damit umfassende Reformen der direkten Demokratie auf Gemeindeebene im Freistaat umgesetzt. In Zukunft wird es in Thüringen faire Regeln für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide geben. Thüringen zieht nach Angaben der Initiative "Mehr Demokratie" damit im Vergleich der Bürgerfreundlichkeit der Demokratieregeln an Niedersachsen vorbei und liegt nun an vierter Stelle. Niedersachsen rutscht ab auf Platz 9 und befindet sich damit nur noch im Mittelfeld. "An den neuen Regelungen in Thüringen sollte sich der Niedersächsische Landtag ein Beispiel nehmen", erklärt Dirk Schumacher vom Verein Mehr Demokratie.

 

Die Reform im Freistaat ist Ergebnis eines im vergangenen Jahr von Mehr Demokratie durchgeführten Volksbegehrens. 250.982 Menschen hatten für die Vereinfachung der Spielregeln für die kommunale Direktdemokratie unterschrieben. Nach dem heutigen Beschluss des Erfurter Landtags sind in Thüringen anders als in Niedersachsen nun auch Bürgerbegehren zu Fragen der Bauleitplanung erlaubt. Deutschlandweit ist bei Bürgerbegehren in 40 Prozent der Fälle die Bauleitplanung berührt. "Durch diesen Ausschluss wird in Niedersachsen gerade bei wichtigen stadtentwicklungspolitischen Fragen über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden", kritisiert Schumacher.

 

Die Unterschriftenhürde für Bürgerbegehren wurde deutlich gesenkt. Mussten früher zwischen 13 und 17 Prozent für ein Begehren unterschreiben, hat Thüringen durch die Reform ein Quorum von 7 Prozent (bei Amtssammlung von 6 Prozent). In Niedersachsen gilt ein einheitliches Quorum von 10 Prozent, das sich gerade in Großstädten als viel zu hoch erweise.

 

Gesenkt hat der Thüringer Landtag auch die Zustimmungsquoren beim Bürgerentscheid. Bisher war für den Erfolg eines Bürgerbegehrens neben der Mehrheit der Abstimmenden auch die Zustimmung von 20 bis 25 Prozent der Stimmberechtigten nötig. Jetzt wurde dieses Zustimmungsquorum auf 10 bis 15 Prozent je nach Gemeindegröße gesenkt. In Niedersachsen liegt diese Hürde einheitlich bei 25 Prozent. Jeder 3. Bürgerentscheid ist wegen Nichterreichens dieses Quorums ungültig.

 

Die Formulierung eines Kostendeckungsvorschlags für Bürgerbegehren ist in Thüringen in Zukunft keine Pflicht mehr, sondern eine Soll-Regelung. Andere Bundesländer (Bayern und Berlin) verzichten ganz auf einen Kostendeckungsvorschlag. Ein unzureichender Kostendeckungsvorschlag zählt in Niedersachsen zu den Hauptgründen für die Unzulässigkeit von Bürgerbegehren.

 

Eine "Mini-Reform" sei auch in Niedersachsen geplant. Angesichts der hohen Anzahl an unzulässigen Verfahren plant das Innenministerium eine Reform der Bürgerbegehrensregelung. Zukünftig sollen die Initiatoren eines Bürgerbegehrens das Recht auf eine Vorprüfung durch die Gemeinde haben. Mehr Demokratie begrüßt diese Änderung, kritisiert aber, dass sie an dem eigentlichen Problem vorbei geht. "Das ´Nein` für ein Bürgerbegehren kommt dann einfach früher. Wenn mehr direkte Mitbestimmung der Bürger wirklich gewollt ist, muss die Regelung umfassend reformiert werden. Denn zu hohe Quoren und zu viele

Stolpersteine verhindern wirksame Teilhabe", kritisiert Schumacher.

 

 

Volksbegehren "Mehr Demokratie in Thüringer Kommunen":

www.thueringen.mehr-demokratie.de

 

Reformvorschläge für Niedersachsen:

bremen-nds.mehr-demokratie.de/reformen-nds.html

 

Zum Bürgerbegehrensbericht:

bremen-nds.mehr-demokratie.de/bericht-nds.html