Verein Mehr Demokratie zieht Halbjahres-Bilanz für Bürgerbegehren in Niedersachsen

[14/10] Niedersachsen weit abgeschlagen hinter Bayern

Bremen

. Im ersten Halbjahr 2010 wurden in Niedersachsen neun Bürgerbegehren angezeigt, es haben zwei Bürgerentscheide stattgefunden. Dies stellt der Verein Mehr Demokratie in seiner heute veröffentlichten Halbjahres-Bilanz fest. Im Vorjahreszeitraum wurde die gleiche Anzahl an Bürgerbegehren gestartet, es haben allerdings sechs Bürgerentscheide stattgefunden. Die Zahlen verharren insgesamt auf niedrigem Niveau. Zum Vergleich: die Bürgerbegehrens-Datenbank, die Mehr Demokratie zusammen mit der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie der Philipps-Universität Marburg betreibt, verzeichnet in Bayern für das erste Halbjahr 61 direktdemokratische Verfahren auf kommunaler Ebene.

 

Angesichts der geringen Anzahl von Bürgerbegehren hält der Verein eine Reform der niedersächsischen Bürgerbegehrensregelung für überfällig. So sollte der Negativkatalog, der Bürgerbegehren zu bestimmten kommunalpolitischen Themen verbietet, gestrichen werden. Andere Bundesländer zeigen, dass Themenverbote nicht nötig sind: In Hessen und Bayern sind Bürgerbegehren auch möglich, wenn sie die Bauleitplanung betreffen. Dort liegt der Anteil der Bürgerbegehren, die diese Fragen berühren, bei über 50 Prozent. „Der Wunsch nach Mitbestimmung ist gerade bei Großprojekten sehr ausgeprägt“ stellt Dirk Schumacher, Mitarbeiter für Bürgerbegehrens-Beratung bei Mehr Demokratie e.V. fest. „Leider muss ich Bürgerinitiativen oft mitteilen, dass das geplante Bürgerbegehren nicht möglich ist, weil es gegen ein Themenverbot verstößt“ bedauert Schumacher. „Das geplante Kommunalverfassungsgesetz ist die Gelegenheit, auch Bürgerbegehren einfacher zu machen“ erklärt Schumacher. Mehr Demokratie fordert u.a. Änderungen beim Negativkatalog, dem Unterschriftenquorum, beim für Bürgerentscheide geltenden Zustimmungsquorum und den Bürgerentscheids-Bedingungen.

 

Das Beispiel des Bürgerbegehrens zur Errichtung einer Geflügelgroßschlachterei in Wietze (Lkr. Celle) zeigt, dass Themenausschlüsse die wirksame Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Kommunalpolitik massiv behindern. Ein Bürgerbegehren gegen das eigentliche Bauvorhaben war durch den Themenausschluss von vornherein nicht möglich, so dass die Initiatoren einen Umweg gegangen sind (das Bürgerbegehren richtete sich dann gegen einen von der Gemeinde zugesagten Zuschuss an den Investor). Solche Umwege sind allerdings nur sehr selten möglich und oft führen auch sie nicht zum Ziel: das Begehren in Wietze war am Ende aus formalen Gründen unzulässig.

 

In Niedersachsen ist die Zusammenfassung aller kommunalrechtlichen Bestimmungen zu einem einheitlichen Kommunalverfassungsgesetz geplant. Der Gesetzgebungsprozess des Landtages soll bis zum Herbst dieses Jahres abgeschlossen sein, das neue Gesetz soll dann nach den nächsten Kommunalwahlen im Herbst 2011 in Kraft treten.

 

Halbjahres-Bilanz 2010:

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Reform-Vorschläge:

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