Viertes Volksentscheids-Ranking von Mehr Demokratie – Schulnoten für direkte Demokratie

[32/13] Niedersachsen steht still – Als Note nur „Ausreichend“

Der Verein Mehr Demokratie hat am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Hannover das vierte Volksentscheids-Ranking vorgestellt. In dem Ranking-Bericht, der 2003 zum ersten Mal erstellt wurde, vergleicht der Verein die gesetzlichen Regelungen der Bundesländer für direkte Demokratie auf Kommunal- und Landesebene und erstellt eine Rangliste der Bundesländer. Dem Ranking liegt ein Bewertungsmaßstab zugrunde, den Mehr Demokratie „das optimale Design der direkten Demokratie“ nennt. Dieser orientiert sich am internationalen Rankingbericht des „Initiative and Referendum Institute“, der die direkte Demokratie in 32 europäischen Staaten vergleicht. Mit Hilfe dieses Maßstabes wurden dann Schulnoten vergeben. Auch der Umgang mit Volksbegehren in der Praxis findet Eingang in die Bewertung, in Berlin hat dies trotz guter Regelungen zu einer Abwertung der Note geführt. Das Ergebnis des Rankings: Niedersachsen steht still. Die Gesamtnote hat sich seit dem Ranking 2010 nicht verändert, sie liegt unverändert bei 4,3 (ausreichend). Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie in Bremen und Mitautor des Berichts erklärt dazu: „In Niedersachsen herrscht Stillstand bei der direkten Demokratie. Bremen dagegen bewegt sich und lässt Niedersachsen weit hinter sich.“ Trotz unveränderter Benotung ist Niedersachsen im Bundesländer-Vergleich von Platz 12-13 auf Platz 13 zurückgefallen. Im ersten Volksentscheids-Ranking lag Niedersachsen noch auf Platz 7.

Grund für das Zurückfallen Niedersachsens im Bundesländervergleich sind Reformen in den anderen Bundesländern. Diese haben 2007 eingesetzt, sind aber in Niedersachsen nicht angekommen, so Mehr Demokratie. Im Ländervergleich steche vor allem Hamburg hervor, das einzige Bundesland, das die Gesamtnote „Gut“ erhalten hat.

Reformen der direkten Demokratie auf der Kommunalebene habe es in einer Reihe von Bundesländern gegeben. Dies werde daran erkennbar, dass gleich an sechs Bundesländer für ihre Bürgerbegehrens-Regelung die Note „Gut“ vergeben wurde. Mehr Demokratie nennt Bayern und Thüringen als Länder mit einer beispielhaften Regelung, an der es sich zu orientieren lohne. Tim Weber fordert Rot-Grün zum Handeln auf: „Die Koalition steht im Wort und sollte die Reform von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zügig angehen.“ Reformen dürften sich aber nicht auf eine Senkung der Hürden bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden beschränken. „Für eine Politik des Zuhörens reicht es nicht, die Unterschriftenhürden zu senken. Es muss auch klar sein, dass Bürgerinnen und Bürger in allen Fragen der Kommunalpolitik mitentscheiden dürfen.“ Weber spielt damit auf den Koalitionsvertrag an, der für die Erweiterung des Themenspektrums von Bürgerbegehren einen Prüfauftrag vorsieht. Das reicht Weber nicht: „Bürgerentscheide beleben die Demokratie, Themenverbote sind daher sinnlos“. Reformpotential sieht Mehr Demokratie in der Senkung der Unterschriftenhürde, einer Streichung des Zustimmungsquorums, einer deutlichen Ausweitung der Themen. Auch solle es zukünftig Regeln für einen fairen Umgang mit Bürgerbegehren geben. Darüber hinaus sieht Mehr Demokratie in der Streichung des Kostendeckungsvorschlages, der Einführung einer aufschiebenden Wirkung und des Ratsreferendums sowie der Einführung obligatorischer Bürgerentscheide z.B. bei gravierenden finanziellen Entscheidungen wichtige Schritte für eine die Verbesserung der niedersächsischen Ranking-Noten.

Reformen auf Landesebene gab es unter anderem in Rheinland-Pfalz und Bremen. Dort habe die CDU eine positive Rolle bei der Reform der direkten Demokratie gespielt. Da für Reformen bei Volksbegehren und Volksentscheiden die Verfassung geändert werden müsse, sei eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Weber fordert: „Die niedersächsische CDU muss sich bewegen“. Laut Mehr Demokratie hat sich die CDU bislang Reformen verweigert. Damit Niedersachsen in zukünftigen Rankings eine bessere Position einnehme, sei ein deutliches Senken der Unterschriftenhürde für Volksbegehren und ein Streichen der Abstimmungsquorum beim Volksentscheid nötig, finanzwirksame Volksentscheide müssten zugelassen werden. Auch die Rahmenbedingungen für Volksbegehren und Volksentscheide müssten verbessert werden. So müsse es vor Volksentscheiden ein Abstimmungsheft geben. Darüber hinaus fordert Mehr Demokratie obligatorische Volksentscheide bei Verfassungsänderungen und schlägt obligatorische Finanzreferenden vor. In Bremen habe die Einführung eines Privatisierungsreferendums zu einer Verbesserung der Note geführt.

Tim Weber erklärt abschließend: „Die Noten sind kein Selbstzweck, sie zeigen wie wirkungsvoll direkte Demokratie in den Ländern geregelt ist. Niedersachsen steht schlecht da, die Bürger können nicht wirksam mitentscheiden. Das muss sich ändern“.

Mehr Demokratie veröffentlicht regelmäßig Berichte und Rankings zu Fragen der direkten Demokratie und des Wahlrechts, zuletzt im Juli den Volksbegehrens-Bericht 2012.