Volksentscheids-Ranking: Bremen an der Spitze, aber nicht besser als Bayern

[PM 11/21] Neues Volksentscheidsranking: Vier Bundesländer haben die direkte Demokratie reformiert. Note 3 an die Länder, Note 6 an die Bundesregierung. Bremen steht an der Spitze des Rankings, ist aber nicht besser als Bayern

Während bundesweite Volksentscheide auf die lange Bank geschoben werden, hat sich die direkte Demokratie in den Bundesländern etabliert und wird langsam aber stetig weiterentwickelt. Das zeigt das Volksentscheidsranking 2021 des Fachverbandes Mehr Demokratie. „Insgesamt werden die Regelungen bürgerfreundlicher. Seit dem Ranking von 2016 haben weitere vier Bundesländer Volks- und Bürgerbegehren erleichtert“, sagt Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie.

Damit hat sich die Durchschnittsnote aller Bundesländer von 4,1 im Jahr 2003 auf den bisher besten Wert von 3,3 verbessert. „Die Länder haben eine 3 auf dem Zeugnis. Die Bundesregierung erhält eine glatte 6. Sie hatte sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Einführung des bundesweiten Volksentscheids ernsthaft zu prüfen und hat nicht einmal die dafür vorgesehene Kommission eingesetzt“, so Beck.

Bremen und Bayern teilen sich Platz 1
An der Spitze gab es ein Kopf-an-Kop-Rennen: Bremen teilt sich den ersten Platz im Volksentscheide-Ranking mit Bayern. Allerdings mit der Schulnote 2,3. „Schwach Gut, das ist doch ein klarer Anreiz zum Besserwerden“, betont Katrin Tober, Bremer Landessprecherin von Mehr Demokratie. „Beim nächsten Mal können wir die Bayern schlagen und deutscher Meister der direkten Demokratie werden.“

Der Report liefert Hinweise, wie das relativ simpel gelingen könnte. „Vergleichsweise schlechte Teil-Noten bekommt Bremen, weil die Zustimmungsquoren bei Volksbegehren zu hoch sind. Schlecht ist auch, dass wir hier zu viele Unterschriften sammeln müssen, um überhaupt ein Volksbegehren beantragen zu können.“

In beiden Bereichen seien die Bayern besser. „Noch. Doch es ließe sich leicht nachbessern. Und schon wären wir Erster im nächsten Ranking und Bayern wäre nur noch Zweiter“, sagt Katrin Tober.

Was die direkt-demokratische Kultur betrifft, werden wir wohl noch ein paar Jahre brauchen, um die Bayern zu überholeen. „Die Zahl der initiierten Bürger- und Volksbegehren ist beeindruckend. Das muss man als Nordlicht neidlos anerkennen“, sagt Tober.

 

Bremen: Reformsprünge seit 2003
Auf den Plätzen zwei und drei im aktuellen Ranking folgen Hamburg (Note 2,4) und Schleswig-Holstein (2,5). Seit dem ersten Volksentscheidsranking 2003 haben Bremen, Baden-Württemberg, Thüringen und Berlin die größten Reformsprünge gewagt. Seit dem letzten Ranking von 2016 konnten vor allem Berlin (+0,5) und Hessen (+0,4) ihre Noten verbessern. Die Bundesländer, in denen Reformen nur sehr zögerlich angegangen werden, wie Niedersachsen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern, rücken derweil im Volksentscheidsranking immer weiter nach hinten (Plätze 13 bis 15).

Auf dem letzten Platz liegt derzeit das Saarland, dessen restriktive Regelungen sich auch auf die Praxis auswirken: Während in Bayern seit Einführung der direkten Demokratie 3.157 Initiativen auf der Kommunalebene starteten, erlebte das Saarland erst 16 Bürgerbegehren.

Die besten Regeln für Volksbegehren auf Landesebene werden Hamburg attestiert (Note 2,2), die besten Regeln für Bürgerbegehren in den Kommunen hat Thüringen (Note 1,6). In beiden Ländern gehen die Regelwerke auf Initiativen von Mehr Demokratie zurück.

 

Weitere Reformvorschläge für Bremen
Mehr Demokratie möchte direkt-demokratische Verfahren in Bremen bürgerfreundlicher gestalten. Tober: „Bisher mündete in Bremen erst ein Volksbegehren in einem Volksentscheid. Das liegt an den immer noch zu hohen Hürden. Zu wenige Themen sind erlaubt, zu viele Menschen müssen in zu kurzer Zeit unterschreiben. Die hohen Zustimmungsquoren beim Volksentscheid selbst könnten abschreckend wirken.“

Zudem dürfe die Digitalisierung vor der direkten Demokratie nicht Halt machen. Unterstützungs-Unterschriften sollten auch online gesammelt werden können. „Bremen könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen“, regt Tober an. Die eigentliche Abstimmung müsse aber auf bewährtem Wege erfolgen – auch mit Blick auf das Wahlcomputer-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (2 BvC 3/07).

Hintergrund zum Volksentscheidsranking
Mehr Demokratie vergleicht und bewertet seit 2003 die Regelungen der direkten Demokratie auf Kommunal- und Landesebene in allen Bundesländern nach einem wissenschaftlichen Verfahren. Zu Grunde liegt ein optimales Design der direkten Demokratie, das sich an bereits etablierten Regelungen sowie am Ideal einer bürgerfreundlichen Demokratie orientiert und außerdem den praktischen Umgang mit Bürger- und Volksbegehren im jeweiligen Bundesland mit einbezieht. Das Volksentscheidsranking 2021 ist der sechste Ländervergleich.

Volksentscheidsranking 2021 und ausgewählte Grafiken finde Sie unter: https://www.mehr-demokratie.de/volksentscheidsranking/