Zur Bürgerschaftswahl in Hamburg

[11/08] Wähler nehmen neues Wahlrecht gut an

Bremen/Hamburg.Am vergangenen Sonntag wurde bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg erstmals nach einem neuen Wahlrecht gewählt. Demnach hatten die Wählerinnen und Wähler eine Stimme für die Landeslisten und fünf Stimmen für die Wahlkreislisten. Nur aus den Wahlkreislisten konnten die Kandidatinnen und Kandidaten direkt gewählt werden. Die fünf Stimmen konnten hierbei auf einzelne Kandidaten oder Listen gehäufelt (kumuliert) oder auf verschiedene Bewerber und Listen verteilt (panaschiert) werden.

 

Auch in Bremen wird 2011 nach einem veränderten Wahlrecht gewählt, nachdem erstmals ein Gesetz aufgrund eines erfolgreichen Volksbegehrens geändert wurde. Ziel des Volksbegehrens war mehr Mitbestimmung bei der Frage der personellen Zusammensetzung der Bürgerschaft. Zukünftig können in Bremen nicht mehr nur Parteilisten, sondern einzelne Kandidaten mit bis zu fünf Stimmen direkt gewählt werden. Für Bremen ist das Ergebnis der Wahl in Hamburg ein erster Anhaltspunkt für die anstehenden Veränderungen im kleinsten Bundesland.

 

„Die Wahl in Hamburg hat gezeigt, dass die Bürger sehr wohl mit einem etwas komplizierteren Wahlrecht zurecht kommen“, so Paul Tiefenbach, Vertrauensperson des Volksbegehrens in Bremen. Und inwiefern die niedrige Wahlbeteiligung von 63,6 Prozent mit dem neuen Wahlrecht in Zusammenhang steht, sollen weitere Analysen zeigen. In Niedersachsen betrug die Wahlbeteiligung trotz eines einfachen Zwei-Stimmen-Wahlrechts nur 57,1 Prozent. „Damit könnte das Hamburger Ergebnis auch einfach im Bundestrend liegen“, so Tiefenbach weiter. Betrachtet man die Beteiligung in einzelnen Stadtteilen, deuten sich außerdem andere Zusammenhänge an. So lag z.B. die Beteiligung in Stadtteilen mit vielen Hartz IV-Empfängern nur bei 51,6 Prozent, in Stadtteilen mit wenigen Hartz IV-Empfängern dagegen bei 77,9 Prozent.

 

Entscheidend ist Tiefenbach zufolge, dass alle Wählerinnen und Wähler mit einem stärker personalisierten Wahlrecht die Möglichkeit haben, auf die Listenreihenfolge Einfluss zu nehmen. Dies sei im übrigen durch die von der Hamburger CDU gemachte Änderung am 2004 per Volksentscheid beschlossenen Wahlrecht gar nicht mehr so möglich, wie ursprünglich vorgesehen. Nur noch bei den Wahlkreislisten können die Stimmen kumuliert und panaschiert werden. Die Wahlanalyse zeigt, dass viele Wählerinnen und Wähler Hamburgs vom neuen Wahlrecht Gebrauch gemacht haben und damit gezielt die Möglichkeit nutzten, ihre Wunschkandidaten in die Bürgerschaft zu wählen. So wurden insgesamt, laut Wahlanalyse des Landeswahlamtes, 41 Prozent der Wahlkreisstimmen als Persönlichkeitsstimmen vergeben. „Die Menschen wollen mehr Einfluss darauf, wer sie in den Parlamenten vertritt“, so Tiefenbach.

 

Mit Blick auf die nächste Wahl in Bremen zeigt sich Tiefenbach überzeugt davon, dass auch das neue Wahlrecht im kleinsten Bundesland funktionieren wird. Notwendig ist Mehr Demokratie zufolge eine gute Information aller Bürgerinnen und Bürger. Daran will der Verein gerne mitwirken und hofft auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Parteien und zuständigen Einrichtungen des Landes. „Wir alle haben ein Interesse an einer möglichst hohen Wahlbeteiligung. Und wer wählen will, wird das auch mit fünf Stimmen tun“, so Tiefenbach weiter.

 

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