15.04.2011

Rolle rückwärts in NRW: Stichwahl wieder eingeführt.

Von: Dirk Schumacher

In Nordrhein-Westfalen müssen sich Bürgermeisterkandidaten ohne absolute Mehrheit in Zukunft wieder einer Stichwahl stellen. Der Landtag hat heute mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und Linken die Wiedereinführung eines zweiten Wahlgangs für den Fall beschlossen, dass ein Amtsbewerber im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit der Wähler hinter sich vereinen kann.

 

Wir fordern angesichts dieser „Rolle rückwärts“ auch für Niedersachsen eine Korrektur des Landtagsbeschlusses vom November 2010. In Nordrhein-Westfalen war die Stichwahl 2007 abgeschafft worden. Niedersachsen ist jetzt das einzige Bundesland ohne zweiten Wahlgang bei Bürgermeister- und Landratswahlen. "CDU und FDP haben eine Insellösung gewählt und stehen damit jetzt alleine da“, kritisiert Tim Weber heute die Landtagsmehrheit.

 

Für die Abschaffung der Stichwahl in Niedersachsen hat es kaum stichhaltige Argumente gegeben. Dass Nordrhein-Westfalen die Stichwahl nach so kurzer Zeit wieder einführen will, spricht nicht für die Argumente, die zur Abschaffung geführt haben. Zudem ist es unüblich, Wahlrechtsfragen ohne die Zusammenarbeit mit der Opposition zu entscheiden. CDU und FDP haben die Abschaffung der Stichwahl in Nordrhein-Westfalen genauso wie in Niedersachsen ohne Zustimmung der Opposition beschlossen.

 

Wohin das führt, sieht man jetzt: kaum gab es einen Regierungswechsel, wird die Rolle rückwärts geturnt. Das kann 2013 auch in Niedersachsen passieren. CDU und FDP sollten daher ihre Entscheidung schnell überdenken, bevor in vielen Städten und Gemeinden Niedersachsens Bürgermeister ins Amt kommen, die unter fragwürdigen Bedingungen für acht Jahre gewählt wurden.

 

Die Abschaffung der Stichwahl ist auch vor Ort in den Gemeinden umstritten. In der vergangenen Woche hatte der Gemeinderat von Ottersberg (Lkr. Verden) in einer Resolution die Wiedereinführung der Stichwahl gefordert. Die Entscheidung im Gemeinderat fiel mit 13:11 Stimmen. Im vergangenen Herbst hatten auch eine Reihe von Bürgermeistern, unter anderem die Oberbürgermeister von Hannover, Celle, Osnabrück und Lingen und die Landräte der Landkreise Gifhorn und Friesland den Erhalt der Stichwahl gefordert.

 

Die vorläufig letzte Stichwahl Niedersachsens hat Anfang April in Georgsmarienhütte stattgefunden. Dort gewann ein Kandidat der CDU im zweiten Wahlgang die Bürgermeister-Wahl.