Mehr Gleichberechtigung durch weniger Demokratie?

[02/21]  Mehr-Demokratie-Sprecherin Tober kritisiert die Forderung, in Bremen zum Listenwahlrecht zurückzukehren.

Eine klare Absage erteilt der Verein Mehr Demokratie der Forderung, bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft zum Listenwahlrecht zurückzukehren. Das personalisierte Mehrstimmenwahlsystem sei von unten erkämpft worden und habe sich in der Praxis bewährt, so Mehr Demokratie-Landessprecherin Katrin Tober in einem Statement, das am Dienstag veröffentlicht wurde (1).

„Die Menschen kumulieren und panaschieren nach Herzenslust“, schreibt Tober. „Es gibt schlicht keinen Grund für eine Rolle rückwärts.“ Das Wahlsystem dürfe zudem allenfalls durch Volksentscheid geändert werden. „Schließlich geht das Wahlrecht nicht nur die Parteien etwas an. Sondern uns alle.“

Wählende sind frauenfreundlicher als Parteien

Tober reagierte damit auf einen Vorstoß der SPD-Politikerin Antje Grotheer. Die Vize-Präsidentin der Bürgerschaft hatte unlängst gefordert, sorgfältig zu prüfen, „ob man zum Listenwahlsystem zurückkehren muss.“ Auch wenn Listen geschlechtsparitätisch besetzt seien, könne das Ergebnis anders aussehen, so Grotheer (2).

Katrin Tober widerspricht der Politikerin: Bei der letzten Bürgerschaftswahl wurden neun Frauen auf ihren Listen nach oben gewählt und nur acht nach unten (3). Tober: „Die Wählenden waren also unter dem Strich leicht frauenfreundlicher als die Parteien bei ihrer Listenaufstellung.“ In der Praxis würden Frauen also nicht generell benachteiligt durch das geltende Wahlrecht. 

Bessere Chancen durch bessere Listenplätze

Mehr Gleichberechtigung durch weniger Demokratie? Ein besserer Hebel wäre es aus Tobers Sicht, schlicht mehr weibliche Kandidatinnen aufzustellen, sie besser im Wahlkampf zu unterstützen und Frauen insbesondere weiter vorne auf den Listen zu platzieren. „Das würde ihre Chancen, gewählt zu werden, erhöhen.“ Gleichzeitig bliebe den Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit, die eigenen Lieblingskandidatinnen und Lieblingskandidaten zu wählen.

Tober verwies zudem darauf, dass der von Grotheer als zu niedrig kritisierte Frauenanteil in der Bremischen Bürgerschaft mit rund 40 Prozent deutlich höher liege als in Grotheers Partei: „Nur knapp jedes dritte SPD-Mitglied ist eine Frau“ (4), betonte Tober.

Ansprechpartnerin: Katrin Tober, Landessprecherin Mehr Demokratie e.V., Telefon: 0177 267 2940

Weitere Ressourcen:
(1) Das Statement finden Sie auf unserer Webseite.

(2) https://taz.de/Paritaet-in-Bremer-Buergerschaft/!5746667

(3) Die Details stehen auf Seite 2 unserer Wahlauswertung

(4) 2019 lag der Frauenanteil in der SPD bei 32,8 Prozent. Siehe: https://de.statista.com/infografik/13013/frauen-anteil-von-parteien-in-deutschland