Aufregung in Peine wegen Kosten des Allwetterbades

[9/07] Den Bürgern wird abverlangt, was selbst die Politik nicht immer leisten kann

 

Bremen/Peine. In der Stadt Peine herrscht derzeit große Aufregung über das geplante Allwetterbad. Ein Bürgerentscheid gegen diesen Bau ist im März an der hohen Abstimmungshürde gescheitert. Nur sechs Wochen später wurde bekannt, dass das Allwetterbad-Projekt bis zu 15 Prozent teurer werden könnte, die Kalkulationen also nicht eingehalten werden können. Zur Erinnerung: landesweit gelten bei Bürgerbegehren sehr restriktive Regelungen und Bürgerinitiativen scheitern oftmals an einem mangelhaften Kostendeckungsvorschlag. "Den Bürgern wird mit dem Kostendeckungsvorschlag etwas abverlangt, was in diesem Fall selbst die Entscheidungsträger im Rat, der Verwaltung und den Stadtwerken nicht einhalten können", so Tim Weber, Sprecher von Mehr Demokratie. "Diese Ungleichbehandlung löst Unverständnis bei den Bürgern aus. Die Regelungen für Bürgerbegehren müssen verbessert werden", so Weber weiter.


In diesem Jahr hat Mehr Demokratie e.V. den 10-Jahresbericht zu Bürgerbegehren in Niedersachsen veröffentlicht. Traurige Bilanz: Das Recht auf Bürgerbegehren führt ein Schattendasein. Der umfassende Ausschlusskatalog und die rigiden formalen Anforderungen an Bürgerbegehren führen zu einer hohen Unzulässigkeitsquote. Auch das zweite Volksentscheid-Ranking des Bundesverbands von Mehr Demokratie e.V. verweist Niedersachsen auf die hinteren Plätze.


Zweithäufigster Grund für das Scheitern von Bürgerbegehren in Niedersachsen: ein mangelhafter Kostendeckungsvorschlag. Bürgerinitiativen wird ein detaillierter Kostenplan abverlangt, der in der Regel eine Finanzberatung voraussetzt. Zum Vergleich: In anderen Bundesländern, wie Bayern, Berlin oder Hamburg müssen die Initiatoren von Bürgerbegehren keinen Kostendeckungsvorschlag formulieren. Und die Befürchtung, dass dies die Haushalte zu stark belaste, ist nicht eingetreten. "In Niedersachsen werden der Mitbestimmung durch die Bürger unnötig viele Steine in den Weg gelegt", kritisiert Tim Weber.


In einem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11.08.2003 heißt es: "Damit die Bürger und Bürgerinnen sich ihrer Verantwortung bei der Abstimmung bewusst werden, ist eine möglichst umfassende Information über die finanziellen Folgen eines Projekts unerlässlich" (OVG Lüneburg, Az.: 10 ME 82/03). Angesichts der Diskussion in Peine und der Einschätzung des Allwetterbad-Planers, dass noch "nicht abzuschätzen sei, wie hoch die Baukosten tatsächlich werden" (PN-Gespräch vom 10.05.2007) ist für den Verein Mehr Demokratie völlig unverständlich, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.


Dem Verein zufolge wäre der Rat in Peine gut beraten, wenn er dem

Bürgervotum folgen und auf den teuren Bau des Allwetterbades verzichten

würde. "Immerhin hat sich beim Bürgerentscheid eine Mehrheit gegen den Bau

ausgesprochen und sich im Umgang mit Steuergeldern durchaus verantwortlich

gezeigt", so Tim Weber.

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