Bürgerentscheids-Satzungen: Da ist noch Luft nach oben!

Im ostfriesischen Südbrookmerland wurde jetzt eine Satzung für Bürgerentscheide beschlossen. Wir erläutern unsere Kritik an dieser Satzung, was wir besser machen würden und warum solche Satzungen grundsätzlich gut sind.

In der Gemeinde Südbrookmerland wurde jetzt eine Satzung für Bürgerentscheide beschlossen. In der Gemeinde findet zur Zeit ein Bürgerbegehren statt, das sich gegen den Ausbau einer Straße wendet. Dies hat vermutlich dazu geführt, dass sich der Rat über eine allgemeine Satzung für Bürgerentscheide Gedanken gemacht hat. Satzungen entsprechen „Gesetzen“ auf kommunaler Ebene. Sie gehören zum Ortsrecht und regeln kommunale Belange. Da viele Regelungen für die Durchführung von Bürgerentscheiden gesetzlich geregelt sind, wäre der Beschluss einer Satzung eigentlich nicht nötig gewesen. In vielen Kommunen wird daher auf eine eigene Satzung verzichtet und das Prozedere im Vorfeld des Bürgerentscheides einfach bekannt gegeben.

Potential verschenkt

Grundsätzlich finden wir es aber gut, wenn Kommunen sich eine Bürgerentscheids-Satzung geben. Denn sollte es zukünftig noch einmal zu einem Bürgerentscheid kommen, ist für die Bürgerinitiative von vornherein transparent nachzulesen wie das Prozedere läuft. Allerdings bietet die beschlossene Satzung keine Verbesserungen gegenüber der Gesetzeslage, sie fasst diese letztendlich zusammen und beschreibt den Ablauf im Detail. Der Rat der Gemeinde Südbrookmerland hätte aus unserer Sicht noch einigen Spielraum gehabt. Aus der jetzt beschlossenen Satzung hätte eine richtig gute und innovative Satzung für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide werden können. Die Chance wurde verpasst.

Bis 2011 war eine Satzung wichtig

Bis 2011 haben wir den Beschluss einer Bürgerentscheids-Satzung immer wieder gefordert. Denn zu diesem Zeitpunkt war es den Kommunen freigestellt, die Regelungen für Bürgerentscheide selbst festzulegen. So war es den Kommunen freigestellt, kein Abstimmungsbenachrichtigungen zu verschicken, die Abstimmungszeit zu verkürzen, die Zahl der Stimmlokale zu reduzieren oder auf die Briefabstimmung zu verzichten, und zwar zum Nachteil der Bürgerinitiativen. Dies geht seit 2011 nicht mehr, die Regelungsmöglichkeiten sind beschränkt und viele Unklarheiten sind beseitigt. Bei Bürgerentscheiden gelten Regeln wie für Wahlen. Das ist gut so.

Wo hätte es noch Spielraum gegeben?

Die Satzung hätte auf Bürgerbegehren ausgeweitet werden können. Auch hier sind viele Abläufe zu beachten, deren schriftliche Zusammenfassung für Bürgerinitiativen eine Erleichterung wäre. Wichtig ist aus unserer Sicht eine Fairnessklausel, die dafür sorgt, dass Bürgerbegehren und Gegenseite gleich behandelt werden, so zum Beispiel bei öffentlichen Veranstaltungen, in Veröffentlichungen der Gemeinde zum Thema des Bürgerbegehrens oder bei der Bereitstellung von Plakatflächen vor dem Bürgerentscheid. Oft unklar ist auch die Frist innerhalb derer die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens geprüft wird. Eine Satzung könnte hierzu eine Aussage treffen, um für Bürgerinitiativen mehr Planbarkeit zu schaffen. Dies ginge über das Gesetz hinaus und wäre nur eine Selbstverpflichtung der Kommune, die Zulässigkeit zügig zu behandeln.

Kritik und weitere Vorschläge

Zwei Kritikpunkte haben wir an der Südbrookmerländer Satzung: diese ermöglicht es der Verwaltung, in der Bekanntmachung des Bürgerentscheides eine Stellungnahme eine Gemeindeorgans zu platzieren. Die Gegenseite, das Bürgerbegehren kann hierauf nicht reagieren. Dies bewerten wir als einseitig. Optimal wäre aus unserer Sicht, wenn es vor dem Bürgerentscheid ein Abstimmungsheft gäbe, das an alle Haushalte geschickt wird. In diesem Heft sollten, wie bei Volksentscheiden in der Schweiz oder in Hamburg üblich, die Pro- und Contra-Argumente in sachlicher Form dargestellt werden.

Unser zweiter Kritikpunkt ist der ausdrückliche Verzicht auf eine Prüfungsmöglichkeit nach dem Bürgerentscheid analog zum Wahlprüfungsverfahren. Rechtlich ist es sicher einwandfrei, wenn auf das Wahlprüfungsverfahren analog zu den Kommunalwahlen verzichtet wird. Denn ein Bürgerentscheid steht einem Ratsbeschluss gleich, der auch nicht dem Wahlprüfungsverfahren untersteht. Aus Gründen der Transparenz wäre es aber hilfreich, für Bürgerinnen und Bürger darzustellen wie eine Überprüfung der Stimmzettel des Bürgerentscheides bei eventuellen Zweifeln aussehen kann. Dies ist gerade bei knappen Ergebnissen wichtig oder wenn das Zustimmungsquorum verfehlt. Eine klar geregelte „Bürgerentscheids-Prüfung“ könnte eine vertrauensbildende Maßnahme sein. Dies gilt insgesamt auch für den Beschluss einer solchen Satzung. Und deshalb unser Appell an andere Kommunen: beschließt Satzungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Aber seid mutig und geht weiter als Südbrookmerland!

 

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