Göttingen: Massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit

In Göttingen findet parallel zur Europawahl ein doppelter Bürgerentscheid statt. Doch den will die Stadtspitze aus der Öffentlichkeit verbannen

 

Es ist ein ziemlich einmaliger Vorgang – und ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit: Die Stadt Göttingen erlaubt keine Plakatwerbung für den doppelten Bürgerentscheid am 9. Juni, betreffend: die Fahrradpolitik der Stadt.

In vielen anderen Städten einigte sich die Lokalpolitik mit Radentscheids-Initiativen auf tragfähige Kompromisse. Die Göttinger Stadtspitze verweigert sich nicht nur einem Dialog. Es drängt sich zudem der Verdacht auf, als solle es keine Debatte über den doppelten Bürgerentscheid, seine Forderungen und das Pro und Contra geben.

Plakatieren verboten
Der doppelte Bürgerentscheid findet parallel zur Europawahl statt, für die die Stadt 100 große Plakatflächen aufstellte. Doch die bleiben allein den Parteien vorbehalten. Dabei könnte die Stadt zumindest einen Teil dieser Stellwände für den Doppel-Bürgerentscheid umwidmen, notfalls ein paar Dutzen Stellwände mehr aufstellen. 2019 funktionierte das in Osnabrück leidlich gut: Der Bürgerentscheid konnte ein paar der Stellwände nutzen, die wegen der damaligen Europawahl aufgestellt waren.

Göttingen verfolgt eine andere Politik. Sie verbietet der Radentscheids-Inititative und deren Gegnerinnen und Gegnern zudem, an Latternenmasten zu plaktieren. Dieser Bürgerentscheid soll offensichtlich nicht in der Öffentlichkeit stattfinden.

Argumente fadenscheinig
Die Stadtspitze bedient sich  dabei einer doppelten Argumentation: Erstens sei Plakatwerbung nur in den vorgesehenen Rahmen möglich. Die Rahmen sind im Rahmen eines Konzessionsvertrages vermietet. Und der Mieter lässt nur Veranstaltungswerbung zu. Das Argument verfängt nicht. In vielen Städten Deutschlands hängen Wahlkampfplakate einfach so an Laternen. Auch in Göttingen würde das mutmaßlich funktionieren.

Zweitens darf es keine Werbung für ein Nein oder Ja zu den Bürgerntscheiden auf den 100 städtischen Stellwänden geben. Denn diese sind den europawahlkämpfenden Parteien vorbehalten. Die Europawahl habe Vorrang vor kommunalen Themen, argumentiert die Stadtspitze. Ob das auch gelten würde, wenn Europa- und Kommunalwahl am selben Tag zusammenfielen? Schwer vorstellbar, dass die Stadtspitze dann Parteiwerbung zur Europawahl erlauben, Parteiwerbung zur Kommunalwahl indes unterbinden würde.

Willkür unmöglich machen!
Das Motto der Stadt lautet: Lächelnde Politiker-Gesichter sind okay, politische Inhalte nicht. Wir finden: Das ist ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit. Die Stadt muss Plakatwerbung für Ja und Nein zum Doppel-Bürgerentscheid ermöglichen. Und wir brauchen eine klare gesetzliche Regelung auf Landesebene, die solche Willkür unmöglich macht.

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