Niedersachsen: Neunzigster niedersächsischer Bürgerentscheid in Süstedt

In der Gemeinde Süstedt fand am Sonntag ein Bürgerentscheid über die Fusion mit dem Flecken Bruchhausen-Vilsen statt. Der Rat hatte diese Fusion im Oktober letzten Jahres beschlossen. Bürgerinnen und Bürger hatten per Bürgerbegehren den Bürgerentscheid erzwungen, um den Ratsbeschluss aufzuheben und die Fusion zu verhindern. Es handelt sich um den neunzigsten Bürgerentscheid seit dessen Einführung 1996.

Wir freuen uns, dass die Süstedter über diese wichtige Frage abstimmen dürfen. Wir finden es aber traurig, dass es in Niedersachsen erst so wenige Bürgerentscheide gab. In Bayern hat es im gleichen Zeitraum über 1500 Bürgerentscheide gegeben. Die Ursachen für diese krasse Differenz liegt in den schlechten niedersächsischen Regelungen, die Bürgerentscheide zu vielen kommunalpolitischen Fragen verbieten.

Warum so wenige Bürgerentscheide?

So sind in Niedersachsen Bürgerentscheide über Planungsfragen grundsätzlich nicht möglich. Das schließt die für Bürgerinnen und Bürger interessanten Fragen von der direkten Mitbestimmung per Bürgerentscheid aus. Sehr oft müssen wir Bürgerinitiativen, die sich bei uns informieren, sagen, dass ein Bürgerbegehren nicht möglich ist. In Bayern sind Bürgerentscheide z.B. über die Ausweisung neuer Baugebiete selbstverständlich, weil das dortige Gesetz das erlaubt. In Niedersachsen geht das nicht. Zwar ist hier in Niedersachsen eine Reform der Bürgerentscheids-Regeln geplant, eine Ausweitung des Themenkatalogs ist darin aber nicht enthalten. Das kritisieren wir! Wir finden die Landesregierung sollte mutiger sein und die Themenverbote streichen. Das sorgt für weniger frustrierte Bürger und für mehr Bürgerentscheide.

Erfolgsbedingungen für den Bürgerentscheid

Damit das Süstedter Bürgerbegehren in der Abstimmung erfolgreich ist, muss die Mehrheit der Abstimmenden mit Ja stimmen, gleichzeitig müssen mindestens 315 Abstimmende im Sinne des Bürgerbegehrens mit „Ja“ stimmen (sogenanntes Zustimmungsquorum). Auch dieses Quorum greift Mehr Demokratie an. Der Verein wünscht sich, dass dieses Quorum gestrichen wird und auch bei Bürgerentscheiden das gilt, was bei Wahlen selbstverständlich ist: die Mehrheit entscheidet. Ein weiterer Vorschlag des bundesweit tätigen Vereins Mehr Demokratie ist die Einführung eines Abstimmungsheftes, das vor einem Bürgerentscheid an alle Haushalte verschickt wird und die Pro- und Contra-Argumente darstellt und sachlich informiert. „Das hilft Bürgerinnen und Bürgern, sich im Vorfeld einer Abstimmung gut zu informieren“ erläutert Weber.

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid über Gebietsreformen

In Niedersachsen gab es seit 1996 sechzehn Bürgerbegehren zu Fragen der Gebietsreform. Viermal kam es zum Bürgerentscheid. Zuletzt war dies im Dezember 2012 der Fall, als im Landkreis Osterode über die Fusion mit dem Landkreis Göttingen abgestimmt wurde. Insgesamt gab es in Niedersachsen seit 1996 287 Bürgerbegehren.

Ergebnis vom 19.04.2015

Beim Bürgerentscheid nahmen bei einer Beteiligung von 68,1 Prozent teil. 40,5 Prozent stimmten für das Begehren, also gegen die Fusion und 59,5 Prozent, gegen das Bürgerbegehren und somit für die Fusion. Die Gemeinde Süstedt kann nun wie geplant im Herbst 2016 mit dem Flecken Bruchhausen-Vilsen zusammengehen.

Mitmachen? Mitmachen!

Wir kämpfen für ein Demokratie-Update mit direkter Demokratie, regelmäßiger Bürger-Beteiligung, der Transparenz staatlichen Handelns und einem bürgerfreundlichen Wahlrecht. Auch in Bremen und Niedersachsen.

Wir freuen uns auf Ihren Support!