Der Fachverband Mehr Demokratie e.V. setzt sich seit vielen Jahren für mehr direkte Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung ein. Auch bei uns in Niedersachsen. Doch nur gut informierte Bürgerinnen und Bürger können kompetent mitbestimmen, weiß Mehr-Demokratie-Landessprecher Dirk Schumacher aus jahrelanger Erfahrung.
Kein Bürgerentscheid ohne Abstimmungsheft
„Beim Bürgerentscheid über den Erhalt des Dorfgemeinschaftshauses in Cäciliengroden sollte die Gemeinde Sande ein Abstimmungsheft produzieren. Das Heft müsste die alternativen Positionen mit den wichtigsten Pro- und Contra-Argumenten aufführen. Auch im Gemeinderat wird schließlich immer eine ordentliche Beschlussvorlage nebst Begründung verschickt“, sagt Dirk Schumacher. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, um mit der Planung des Heftes zu beginnen: „Der Termin für den Bürgerentscheid steht fest. Es bleiben noch zwei Monate Zeit. Jetzt sollte die Gemeinde zügig die Produktion des Abstimmungsheftes angehen.“
Papier und Internet: Alle Generationen ansprechen
Damit wirklich alle Generationen angesprochen werden, sollte das Abstimmungsheft in gedruckter Form an alle Wahlberechtigten verschickt werden, zugleich aber auch online abrufbar sein. Ja, das koste ein wenig Geld, räumt Schumacher ein. „Aber politische Fehlentscheidungen sind meist deutlich teurer als ein Druckerzeugnis, das pro Person in etwa halb so viel kostet wie ein belegtes Brötchen.“
Gutes Vorbild: Lüneburg
Als positives Beispiel eines gelungenen Abstimmungsheftes nennt Schumacher die Broschüre der Stadt Lüneburg zum Bürgerentscheid über die zukünftige Nutzung eines Luftsport-Landeplatzes. „Die Broschüre ist ansprechend gestaltet, sie enthält die Position der Initiatoren des Bürgerbegehrens, der Verwaltung und aller im Stadtrat vertretenen Parteien. Sie nimmt eine neutrale, aber demokratiefreundliche Haltung ein, weil sie die Bürgerinnen und Bürger auffordert, an der Abstimmung teilzunehmen. Und sie wurde an alle Abstimmungsberechtigten verschickt.
Bürgerentscheide als Demokratie-Turbo
Bürgerentscheide sind ein Demokratie-Turbo, findet Schumacher. „Sie verhindern Fehlentscheidungen und saugen Frust auf. Nicht zuletzt nehmen sie Populisten den Wind aus den Segeln. ‚Die da oben‘ können eben doch nicht machen, was sie wollen, wenn die Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich anderer Meinung sind.“
Seit der Reform des niedersächsichen Kommunalverfassungsgesetzes von 2016 gibt es einen Boom an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden in Niedersachsen. Die Reform wirkte. Auch im letzten Ranking von Mehr Demokratie belegte unser Bundesland einen der letzten Plätze. Und es droht ein regelrechter Absturz.
„Der Absturz ist aber kein Naturgesetz“, sagt Schumacher und fordert bürgerfreundliche Reformen. Beispielsweise sollten Gemeinden per Gesetz verpflichtet werden, bei Bürgerentscheiden ein Abstimmmungsheft zu verschicken. Außerdem müssen die Bürgerinnen und Bürger über alle Themen abstimmen dürfen, über die auch der Stadtrat abstimmen darf, der ja von ihnen gewählt wurde. Gut findet Schumacher den Vorschlag des DGB Niedersachsen, Unterstützerunterschriften künftig auch online sammeln zu dürfen.
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