Am kommenden Sonntag (1.12.2024) findet der 150. Bürgerentscheid in der niedersächsischen Landesgeschichte statt: In Wilhelmshaven entscheiden
die Bürgerinnen und Bürger, ob eine neue Stadthalle im Pumpwerk-Park errichtet werden soll. Der Bürgerentscheid richtet sich gegen dieses Ansinnen – aus ökonomischen und ökologischen Gründen. Der Bürgerentscheid ist zugleich der erste in der Geschichte der Stadt an der Jade.
Mehr Demokratie weist anlässlich des Bürgerentscheides darauf hin, dass die Rahmenbedingungen für Bürgerentscheide in Niedersachsen ausbaufähig seien. Neben eines verpflichtenden, informierenden Abstimmungsheftes wären eine Fairnessklausel ebenso hilfreich wie transparente Durchführungsbestimmungen für Bürgerentscheide. Eine Fairnessklausel verpflichtet Kommunen bei Veröffentlichungen und Veranstaltungen, die Positionen eines Bürgerbegehrens in gleichem Umfang zu berücksichtigen.
„Wir hatten es in den vergangenen Jahren immer mal wieder mit überbordendem Mitteleinsatz zu tun, wenn die Kommunen vor der Abstimmung für ihre Position geworben haben“, merkt Dirk Schumacher, Landessprecher von Mehr Demokratie an. Initiativen hätten es oft schwer, für ihre Ziele zu werben und Veranstaltungen waren einseitig besetzt, weiß Schumacher zu berichten.
Auch sei das Plakatieren vor Bürgerentscheiden unnötig erschwert worden, so im Juni in Göttingen. „Wir empfehlen hier dringend vertrauensbildende Maßnahmen“. Schumacher weist auch darauf hin, dass im Kommunalwahlrecht das Wort „Bürgerentscheid“ an keiner einzigen Stelle auftauche. Für Menschen, die sich in die Kommunalpolitik einmischen wollen, sei das eine Hürde, weil die Regeln nicht transparent und benutzerfreundlich seien.
Darüber hinaus gebe es aus Sicht von Mehr Demokratie weiter grundsätzlichen Reformbedarf bei Hürden, Quoren und Themen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. „Ohne deutliche Veränderungen werden wir hier keine direktdemokratische Kultur wie in Bayern erwerben“, betont Schumacher.
Das Bürgerbegehren, das hier zum Bürgerentscheid geführt hat, ist das fünfte in der Geschichte der Stadt. Zum ersten Mal kommt es hier zum Bürgerentscheid. Bisherige Bürgerbegehren waren erfolglos oder haben ihr Ziel ohne Bürgerentscheid erreicht. Themen waren der Bau von Kohlekraftwerken (2007), Schulentwicklungspläne (2013), der Bau einer Stadthalle am Banter See (2020) und die Abhaltung einer Landesgartenschau im Rüstringer Stadtpark (2021). Die Stadt gehöre hier schon zu den aktiveren Kommunen in Niedersachsen, weiß Schumacher zu berichten, der seit fast 20 Jahren Bürgerinitiativen berät.
Für einen Erfolg des Bürgerbegehrens muss eine Mehrheit mit „Ja“ stimmen; diese Mehrheit muss gleichzeitig mindestens zwanzig Prozent der Wahlberechtigten der letzten Kommunalwahl umfassen.
Mehr Demokratie wird in Kürze eine Bilanz der 150 Bürgerentscheide in Niedersachsen veröffentlichen.
Liste aller bisherigen Bürgerentscheide in Niedersachsen:
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/nds-be-liste